Weihnachtslied ist nicht verloren

Homburg · Ob „O Tannenbaum“, „Ihr Kinderlein kommet“ oder der schon fast quälende Wham-Ohrwurm „Last christmas“: Weihnachtslieder sind derzeit so gut wie überall präsent. Aber werden sie auch noch gesungen und geschätzt? Die SZ hat nachgefragt.

Die Familie versammelt sich andächtig am Christbaum, die Kerzen brennen, die Mutter sitzt am Klavier, die Kinder greifen zur Geige oder wahlweise Flöte und der Rest singt drei Strophen textsicher mit: "O Du fröhliche" und "Stille Nacht". So sieht es meistens nicht mehr aus, wenn am 24. Dezember gefeiert wird. Doch ganz von der Bildfläche verschwunden sind Weihnachtslieder nicht. Zumindest in den Kirchen, bei Konzerten, Vorspielen sind sie zu hören - manchmal modernere Stücke neben den Klassikern. In den Geschäften und im Radio gibt es in der Vorweihnachtszeit oft kein Entkommen - auch wenn es hier eher die neuere, populäre Weihnachtsmusik ist, bei der sich etwa Whams "Last Christmas" oder Bing Crosbys "White Christmas" in die Ohren fressen. Also was ist nun los mit dem Weihnachtslied: verstaubt und ab in die Mottenkiste oder immer noch aktuell? "Ich glaube nicht, dass es weniger geworden ist", antwortet Carola Ulrich auf die Frage, wie stark Weihnachtslieder überhaupt noch vertreten sind. Sie muss es wissen, schließlich ist sie die Leiterin der Homburger Musikschule und damit ganz nah dran an der musizierenden Jugend. Allerdings: "Ich will sie Weihnachten hören", betont sie, nicht im Advent. Für viele beginne am ersten Advent die "Saison" von "Jingle Bells" bis zu "O Du fröhliche". Dabei gebe es für die Adventszeit, eigentlich eine Fastenzeit, eigene Lieder, nicht so glänzend, oft in den Kirchentonarten gehalten. "Viele Menschen wissen gar nicht den Unterschied", sagt sie. Für sie sei das auch eine persönliche Prägung; durch das Elternhaus und ihren Beruf der Kirchenmusikerin lebe sie in den Kirchenjahreszeiten. Vorne im Gesangbuch lassen sich die Adventslieder nachschlagen: "Macht hoch die Tür", "Es kommt ein Schiff geladen" oder "Tochter Zion" zählten beispielsweise dazu. Natürlich müssten Kinder aber bereits vorher die Weihnachtslieder üben - und sie wollen diese auch spielen, sagt Ulrich. Neben den klassischen wie "Ihr Kinderlein kommet" seien auch die neueren wie "Rudolf, das Rentier" oder solche aus anderen Ländern wie "I wish you a merry Christmas" beliebt. "Das finden die Kinder toll." Bei Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren werde es dann schwieriger mit den Liedklassikern, die "mögen das eher nicht". Sie spielten eher Stücke mit weihnachtlichem Charakter wie Hirten- oder Wiegenlieder.

Pfarrerin Doris Agne hat den Eindruck, dass das Singen in den Familien nicht mehr so gepflegt wird, oft bleibe einfach keine Zeit dafür. Kinder würden oft zum Singen in Musikschulen oder im privaten Musikunterricht angehalten. In den beiden Kindergärten Sonnenfeld und Arche Noah, in denen sie regelmäßig ist, fängt sie schon früh an, mit Kindern aller Altersgruppen für den Advent zu singen, etwa "Macht hoch die Tür". "Die Kinder singen das einfach gerne, wenn mit ihnen geübt wird und ihnen das auch nahe gebracht wird", sagt sie. "Weihnachtslieder singen wir natürlich auch im Gottesdienst", fügt sie hinzu. Es sind die klassischen Lieder, die sie zum großen Teil auch textlich wertvoller findet, die sie den Kindern nahe bringen möchte. "Die anderen bekommen sie sowieso mit, etwa in den Geschäften." Und ihr Lieblings-Weihnachtslied: "Ich steh' an Deiner Krippen hier."

Alexander Ziegler , Leiter der Erbacher Luitpoldschule und Beauftragten für Bildung und Erziehung der Stadt Homburg , ist stolz darauf, dass seine Schüler in der Weihnachtszeit mehrere Auftritte hatten: auf dem Nikolausmarkt in Homburg , dem Weihnachtsmarkt in Erbach und dem in Jägersburg, zum Beispiel. Wichtig ist ihm auch, dass auf dem Nikolausmarkt überhaupt alljährlich Kinder aus vielen Homburger Schulen singen.

Ansonsten werde an der Luitpoldschule in allen Klassen gesungen. "Das machen die Kinder gerne", betont er. Die klassischen, älteren Weihnachtslieder seien weniger gefragt. "Die neuen kommen gut an", so Ziegler. Immer wieder gerne genommen: "In der Weihnachtsbäckerei" oder "Guten Tag, ich bin der Nikolaus". Doch auch Lieder aus anderen Ländern werden gesungen, diesmal etwa "Flocon de neige" oder "Santa Claus is coming to town". Sein erklärtes Lieblingslied: "Berge mal versetzen". "Das muss dabei sein", sagt er.

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