Kommunale Finanzen Die Stadt öffnet den Bürgern ihr Haushaltsbuch

St. Ingbert · St. Ingbert schreibt rote Zahlen. Warum das so ist, erklärten Oberbürgermeister und Stadtkämmerer bei einer Infoveranstaltung.

 Stadtkämmerer Dieter Detemple und Oberbürgermeister Hans Wagner (von links) erläuterten am Dienstag im Rathaus den Doppelhaushalt der Kommune – auch die Erhöhung der Grundsteuer.

Stadtkämmerer Dieter Detemple und Oberbürgermeister Hans Wagner (von links) erläuterten am Dienstag im Rathaus den Doppelhaushalt der Kommune – auch die Erhöhung der Grundsteuer.

Foto: SZ/Christian Leistenschneider

Ein kommunaler Haushalt ist schwerer Stoff – materiell und inhaltlich. Der Doppelhaushaltsplan der Stadt St. Ingbert für die Jahre 2017 und 2018 umfasst nicht weniger als 868 Seiten, voll  gepackt mit schier endlosen Zahlenkolonnen und Begriffen wie „produktbereichsorientierter Haushaltsquerschnitt“. Weil wohl kaum ein Bürger so etwas selbst durcharbeitet, hatte die Stadt am Dienstagabend ins Rathaus geladen, um über die wichtigsten Punkte des Entwurfs und über die allgemeine Finanzlage der Kommune zu informieren. Gefolgt waren dem Ruf allerdings nur 25 Menschen, die sich im großen Sitzungssaal etwas verloren. „Es ist bedauerlich, dass zu solch einer Infoveranstaltung nicht mehr Bürger kommen“, sagte Oberbürgermeister Hans Wagner (parteilos).

Der OB und Stadtkämmerer Dieter Detemple hatten vor allen Dingen einen Widerspruch zu erklären. St. Ingbert ist zwar laut Wagner die „Musterstadt“ mit der höchsten Finanzkraft im Saarland. Als eine von lediglich drei saarländischen Kommunen komme sie ohne Kassenkredite aus. Dennoch weist der Haushalt Jahr für Jahr ein Defizit auf. Und das werde sich auch durch die im Januar in Kraft getretene Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer nicht ändern, machte Detemple klar.

Schuld daran sei in erster Linie die Kreisumlage. Das ist der Betrag, den die Gemeinden eines Landkreises an diesen abgeben müssen, um dessen Finanzbedarf zu decken. Sie sei der mit Abstand größte Posten bei den Ausgaben, erklärte Detemple. 2017 betrug sie für St. Ingbert 28,3 Millionen Euro, 2018 werden es vermutlich mehr als 30 Millionen sein. So komme es, dass trotz der Erhöhung der Grundsteuer, die der Stadt im laufenden Jahr ein Einnahmeplus von knapp einer Million Euro gegenüber dem Vorjahr bringen soll, das Haushaltsdefizit vermutlich sogar noch von 7 Millionen Euro auf 7,2 Millionen Euro steigen wird. „Wir belasten die Bürger und verschlechtern das Jahresergebnis – fatal!“, so Detemple.

Der Verweis auf die Erhöhung der Grundsteuer sorgte im Plenum für Aufregung, sie habe Anfang des Jahres „eingeschlagen wie eine Bombe“, sagte eine Zuhörerin. Viele Menschen seien inzwischen an der Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit. Der Oberbürgermeister und der Stadtkämmerer verteidigten die Anpassung der Hebesätze jedoch als notwendige Maßnahme für eine solide Finanzführung. Andere saarländische Kommunen seien da nachlässiger. Landesweit hätten sich so Kassenkredite von 2,4 Milliarden Euro angehäuft. Steuererhöhungen seien damit nur in die Zukunft verschoben und kämen dann umso massiver. „Das Saarland hat die höchsten Kassenkredite deutschlandweit und leistet sich relativ niedrige Hebesätze“, so Detemple. Dafür habe man im Bund nur begrenzt Verständnis.

St. Ingbert habe sich darum frühzeitig entschieden, die Hebesätze je nach Bedarf stetig anzupassen. Dennoch sei die Stadt „Getriebene des Systems“, sagte Dieter Detemple. Einen Lichtblick sieht der Stadtkämmerer für das Jahr 2020. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Gemeinden weniger Gewerbesteuern ans Land abführen. „Dann kommen die Erhöhungen der Hebesätze hoffentlich endlich bei der Stadt an.“

Nach mehr als zweieinhalb Stunden Vortrag und Diskussion beendete Oberbürgermeister Hans Wagner die Veranstaltung. Ganz anstrengungslos war der Ausflug in die Welt der Bilanzen und Gesetze für die anwesenden Bürger nicht. Immerhin die Hälfte hat bis zum Ende durchgehalten.

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