Packende Sprints auf zwei Rollen

St. Wendel. Den Oberkörper hat Gary Schmitt weit über den Lenker gebeugt, um möglichst wenig Luftwiderstand zu bieten. Schwungvoll stößt sich der 60-Jährige aus Indianapolis (USA) zudem mit seinem rechten Bein vom Boden ab, um seinen Tretroller weiter zu beschleunigen. Der erinnert mit seinem großen, schmalen Vorderrad ein wenig an die ersten Fahrradmodelle

 Früh übt sich, wer erfolgreich sein will: Die fünfjährige Bianca Funke ist die jüngste Teilnehmerin in St. Wendel. Foto: B&K

Früh übt sich, wer erfolgreich sein will: Die fünfjährige Bianca Funke ist die jüngste Teilnehmerin in St. Wendel. Foto: B&K

St. Wendel. Den Oberkörper hat Gary Schmitt weit über den Lenker gebeugt, um möglichst wenig Luftwiderstand zu bieten. Schwungvoll stößt sich der 60-Jährige aus Indianapolis (USA) zudem mit seinem rechten Bein vom Boden ab, um seinen Tretroller weiter zu beschleunigen. Der erinnert mit seinem großen, schmalen Vorderrad ein wenig an die ersten Fahrradmodelle. Doch dieses Gefährt ist kein Museumsstück oder Kinderspielzeug, sondern ein modernes Sportgerät, mit dem Schmitt gerade um den Einzug ins Halbfinale der Tretroller-Weltmeisterschaft kämpft. Es ist ein enges Rennen auf der Laufbahn des St. Wendeler Sportzentrums, und obwohl der Amerikaner im Schlussspurt noch einmal die letzten Kräfte mobilisiert, muss der sich schließlich geschlagen geben. Er wird um Reifenbreite Dritter und ist damit ausgeschieden.Schmitt, dreifacher Weltmeister, ist von dem Ergebnis trotzdem nicht enttäuscht. "Nach mehrjähriger Wettkampfpause weiß ich nicht genau, wo ich stehe", hatte er bereits vor dem Rennen tiefgestapelt. Auch weil er ahnt, dass die Konkurrenz groß ist. "Bei dieser WM sind 257 Fahrer aus 20 Nationen", berichtet Organisator Torben Maue (28) dazu stolz.

Und noch ist für Gary Schmitt nicht alles vorbei. Heute geht es mit den Staffelwettbewerben im Wendelinuspark weiter und am Samstag folgt mit dem Marathon durch die Kreisstadt die Königsdisziplin im Tretroller-Fahren. Schon während des Sprints beschleunigen die Top-Fahrer das sieben Kilogramm leichte Sportgerät auf Geschwindigkeiten um 40 Kilometer pro Stunde. Im Marathon kann es bergab noch schneller gehen. Um das zu erleben, ist Gary Schmitt nach St. Wendel gekommen. Rund zwölf Stunden habe er im Flugzeug gesessen. Noch ein bisschen weiter hatte es Bruce Cook (51) aus Brisbane. Der Australier war mehr als 30 Stunden unterwegs. Mit seinen vier Teamkollegen hat er sich in Oberthal eine Wohnung gesucht. "Das ist ein netter Ort", urteilt er. Motivation die weite Reise auf sich zu nehmen war für Cook auch das Treffen mit den anderen Roller-Fans. "Die Gemeinschaft der Fahrer untereinander ist Klasse", schwärmt er.

Für Dietmar Funke (45) ist der Trip zur WM sogar ein richtiger Familienausflug. Er ist mit Frau Heike (46) sowie den Kindern Carina (12), Matthis (8) und Bianca (5) aus der Nähe von Stuttgart angereist. "Die Sportler hier sind wie eine große Familie, die auch gegenseitig auf die Kinder aufpasst", meint er. Am Tretroller-Fahren fasziniert ihn der gute Trainingseffekt. "Bei meinem ersten Rennen habe ich nicht mal zwei Kilometer geschafft. Heute bin ich viel fitter." Und Fitness ist im Sprint gefragt. Vor allem, wenn es ganz nach vorne gehen soll. Die niederländische Top-Favoritin Rosanna Reijne erklärt: "Taktik gibt es hier nicht. Wenn du nach dem Rennen noch stehen kannst, hast du etwas falsch gemacht."

Auf einen Blick

Erste Ergebnisse: Sprintweltmeisterin in der Senior-Kategorie der Damen (Alter von 18 bis 44) wurde Rosanne Reijne mit einer Zeit von 47, 53 Sekunden. Bei den Herren entschied Václav Barák das Senior-Finale mit einer Zeit von 42, 81 Sekunden für sich. vsc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort