Lächeln als Zeichen des Leidens

Quierschied. Sie ist ein kleiner Wirbelwind, krabbelt in rasender Geschwindigkeit auf Entdeckungstour. Mit blauen Augen strahlt der Blondschopf jeden an. Ein richtiger Sonnenschein. Wer das energiegeladene Mädchen sieht, mag kaum glauben, dass Anzeichen wie ihr ständig aufgedrehtes Verhalten und das Dauerlächeln Symptome ihrer Krankheit sind

 Jasmin Bost mit ihrer Tochter Aaliyah, deren Krankheit die Familie vor große Herausforderungen stellt. Foto: Heike Theobald

Jasmin Bost mit ihrer Tochter Aaliyah, deren Krankheit die Familie vor große Herausforderungen stellt. Foto: Heike Theobald

Quierschied. Sie ist ein kleiner Wirbelwind, krabbelt in rasender Geschwindigkeit auf Entdeckungstour. Mit blauen Augen strahlt der Blondschopf jeden an. Ein richtiger Sonnenschein. Wer das energiegeladene Mädchen sieht, mag kaum glauben, dass Anzeichen wie ihr ständig aufgedrehtes Verhalten und das Dauerlächeln Symptome ihrer Krankheit sind. Aaliyah, zweieinhalb Jahre alt, hat das Angelman-Syndrom, eine Behinderung, verursacht durch einen Gendefekt.Das Angelman-Syndrom, benannt nach seinem Entdecker Harry Angelman, ist eine angeborene Krankheit. Die Behinderung tritt etwa bei einem von 30 000 Neugeborenen auf. Zwar ist die Lebenserwartung betroffener Kinder normal hoch, aber sie leiden unter einer starken körperlichen und geistigen Entwicklungsverzögerung. Hyperaktivität und Lautsprachdefizite sind weitere Folgen des Gendefektes. Epileptische Anfälle bis hin zu Muskelkrämpfen und Luftnot sind nicht selten, wie Jasmin Bost aus Quierschied erklärt.

Sie ist Aaliyahs Mutter. Die Diagnose erfuhr sie, als die Kleine eineinhalb Jahre alt war. "Obwohl ich schon sehr früh merkte, dass mit ihr etwas nicht stimmt", sagt die 24-Jährige. Aaliyah hatte keinen natürlichen Saugreiz. Nur mit Hilfsmitteln konnte sie ihre Milch trinken. Und das hat sich bis heute nicht wesentlich verändert. Schlucken und Kauen - Reflexe, die Babys automatisch lernen - lernt die Kleine nur mit großer Verzögerung. "Mit zehn Monaten konnte sie noch nicht sitzen", erklärt Bost. Eine Behinderung, das sei der erste Verdacht des Arztes gewesen. Aber welche? Es folgte eine genetische Untersuchung und danach die Gewissheit.

Die Diagnose Angelman-Syndrom bedeutet für die alleinerziehende Mutter einen tiefen Einschnitt in ihr Leben, aber auch in das ihrer Eltern, die sich rührend um die Kleine kümmern. Aaliyah fordert volle Aufmerksamkeit, nur selten kann und will sie unbeaufsichtigt bleiben. Nachts schläft sie meistens drei bis vier Stunden, Schlafprobleme sind ein weiteres Symptom. Wie weit sich Aaliyah entwickeln wird, weiß ihre Mutter nicht. Zwar versteht die Zweieinhalbjährige Dinge, die man ihr sagt, aber selbst sprechen kann sie nicht. "Wir hoffen, dass sie noch Laufen lernt, das wäre ein großer Fortschritt. Sie wird auch lernen, sich auf ihre Weise auszudrücken", erklärt Bost. Derzeit besucht Aaliyah eine integrative Kindertagesstätte in Burbach. "Sie hat keine Berührungsängste", meint ihre Mutter. Bost weiß: "Aaliyah wird immer auf dem Stand eines Kleinkindes bleiben." Täglich sind sie und ihre Eltern mit dem Mädchen am Arbeiten: Konzentrations-, Wahrnehmungs- und Motorik-Übungen, außerdem zwei Mal wöchentlich Physiotherapie und Logopädie. Für Aaliyahs Mutter war der Verein "Angelman - von Eltern für Eltern" von Beginn an eine große Hilfe. 1993 haben sich 13 betroffene Eltern zu einer Selbsthilfe-Initiative zusammengeschlossen, heute betreut der Verein über 300 Familien deutschlandweit. "Ich kann Tag und Nacht Kontakt aufnehmen, wenn ich Probleme habe. Das ist eine große Hilfe", sagt Bost.

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