Portugal verlässt Euro-Rettungsschirm

Lissabon · Portugal steht nach drei Jahren finanziell wieder auf eigenen Beinen. Dass damit eine bessere Zukunft bevorsteht, glauben in dem immer noch krisengeschüttelten Land nur wenige.

Regierungsmitglied Luís Marques Guedes verkündete im abendlichen Nachrichtenprogramm eines TV-Senders großmundig die "Wiedereroberung der Souveränität" Portugals. Der für Wirtschaftsfragen zuständige Vize-Regierungschef Paulo Portas jubelte, nun müsse man die eigenen Gesetze nicht mehr mit den Gläubigern absprechen. Das Krisenland hat am Wochenende offiziell nach drei Jahren den Euro-Rettungsschirm verlassen und steht nun finanziell wieder auf eigenen Beinen. Damit hat nach Irland und Spanien das dritte Schuldenland planmäßig das Euro-Hilfsprogramm abgeschlossen. Nur Griechenland und Zypern hängen noch am Kredittropf des Euro-Stabilitätsmechanismus.

Während nun vor allem bei der konservativen Regierung Freude, Stolz und Hoffnung vorherrschen, ist wohl den meisten der zehn Millionen Portugiesen nicht nach Feiern zumute. Denn das Ende der Leidenstour mit immer neuen Steuererhöhungen und Sparbeschlüssen ist noch lange nicht erreicht. Portugals konservativer Regierungschef Pedro Passos Coelho bereitete die Bevölkerung auf neue Opfer vor. Die Regierung kündigte jüngst eine weitere Erhöhung der Sozialversicherungsabgaben und der Mehrwertsteuer an.

Portugal, das vor drei Jahren mit einem Notkredit von 78 Milliarden Euro vor der Staatspleite gerettet werden musste, habe noch "viel Arbeit vor sich", sagte Passos Coelho. Die Nation habe sich zwar "aus dem Loch gezogen". Aber der "Kraftakt muss fortgesetzt werden, um eine gerechte und dynamische Wirtschaft zu gewährleisten, welche Arbeitsplätze schafft". Der Ausstieg aus dem Rettungsprogramm sei nur möglich geworden, weil "wir das Vertrauen der Investoren zurückgewonnen haben". In der Tat haben sich die meisten Haushalts- und Wirtschaftsdaten seit der Rettung im Mai 2011 spürbar verbessert: Die Neuverschuldung halbierte sich von gut zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf unter fünf Prozent. Der Zins für langfristige Staatsanleihen am Finanzmarkt sank von über zehn Prozent auf heute etwa 3,5 Prozent. Der aufgeblähte Staatsapparat wurde seit Dezember 2011 um 8,4 Prozent auf rund 560 000 Beamte verschlankt.

Auch die Wirtschaft beginnt nach Jahren der Flaute endlich zu wachsen. Für 2014 wird erstmals ein Plus von über einem Prozent erwartet - angefeuert vom boomenden Tourismus und den Exporten.

Doch es gibt auch eine Minusseite. Trotz der enormen Anstrengungen, die dem Zehn-Millionen-Volk aufgebürdet wurden, kletterte die öffentliche Verschuldung von 93 auf 129 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Arbeitslosenrate fiel zwar, beläuft sich aber noch auf 15,2 Prozent. Immer mehr junge, gut ausgebildete Portugiesen wandern aus - nach amtlicher Schätzung mindestens 200 000 in den vergangenen drei Jahren. Viele Rentner müssen mit weniger als 300 Euro im Monat auskommen.

"Die Portugiesen haben viel Sinn für Verantwortung gezeigt", bilanzierte Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva. "Aber das Ende der Hilfen heißt nicht, dass die harten Auflagen für Portugal vorbei sind."

Auch wenn das Land auf eine neue vorsorgliche Kreditlinie des Rettungsschirmes verzichtete, bleibt es unter der Aufsicht der Geldgeber-Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Und zwar so lange, bis mindestens 75 Prozent des Rettungskredits abgezahlt sind - was wenigstens 20 Jahre dauern dürfte.

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HintergrundPortugal ist eines von fünf Ländern, die mit internationalen Hilfen durch die Schuldenkrise gebracht wurden: 2011 wurden dem Land Hilfen von 78 Milliarden zugesagt. Jetzt läuft das Hilfsprogramm aus.Griechenland erhielt 2010 und 2012 Kreditzusagen von 240 Milliarden Euro. Das Hilfsprogramm läuft noch.Irland wurden 2010 Hilfskredite von 85 Milliarden Euro zugesagt. Das Hilfsprogramm lief Ende 2013 aus.Spanien bekam ab 2012 Hilfen von 40 Milliarden Euro speziell zur Sanierung maroder Banken. Das Hilfsprogramm endete im Januar 2014. Zypern wurden 2013 Kredithilfen von zehn Milliarden Euro zugesagt. Das Programm läuft noch. dpa

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