Verkehrs-Lenkung statt Wettbewerb

Zweibrücken · Pauschalreisen, Fracht und Billigflüge vor allem ab Zweibrücken, hochwertige Städteverbindungen und Geschäftsflüge vor allem ab Saarbrücken – diese Aufteilung sieht das Flughafensystem vor, mit dem Rheinland-Pfalz und das Saarland heute in Brüssel die EU-Kommission überzeugen wollen.

 Die Tuifly-Verträge mit Zweibrücken laufen noch bis Ende 2015. Das angestrebte Flughafensystem mit Saarbrücken würde eine Fortsetzung der Urlaubsflüge auch darüber hinaus erlauben – denn Pauschalreisen sollen auf Zweibrücken konzentriert werden. Foto: pma

Die Tuifly-Verträge mit Zweibrücken laufen noch bis Ende 2015. Das angestrebte Flughafensystem mit Saarbrücken würde eine Fortsetzung der Urlaubsflüge auch darüber hinaus erlauben – denn Pauschalreisen sollen auf Zweibrücken konzentriert werden. Foto: pma

Foto: pma

Die defizitären Nachbarflughäfen Zweibrücken und Saarbrücken wollen den gegenseitigen Wettbewerb um das Anwerben von Fluggesellschaften weitgehend beenden. Das sieht das "Flughafensystem" vor, das heute Nachmittag der EU-Kommission in Brüssel vorgestellt wird.

Der Zweibrücker Flughafen-Geschäftsführer Werner Boßlet erklärte gestern auf Merkur-Anfrage, man habe sich mit Saarbrücken auf eine grundsätzliche Aufteilung des Flugverkehrs geeinigt - nach den Stärken des jeweiligen Airports. So sollten Fracht, Nachtflüge und Pauschalreisen in Zweibrücken konzentriert werden, hochwertige Städteverbindungen ins In- und Ausland sowie Geschäftsflüge in Saarbrücken. Dies spiegele auch den momentanen Verkehr wieder. Ein Aus für erhoffte neue Berlin-Flüge ab Zweibrücken müsse dies nicht bedeuten, so Boßlet: "Wenn eine Billigfluggesellschaft wie Easyjet das anböte, wäre das okay." Umgekehrt bedeute der Vorschlag auch kein Aus für Pauschalreisen ab Saarbrücken: "Hochwertigen Ad-hoc-Charter wird es sicher auch noch ab Saarbrücken geben." Zudem soll es einen Bestandsschutz für die jetzigen Flugangebote geben. Ein Lenkungsausschuss mit Vertretern beider Airports solle eventuelle künftige Streitfragen klären. Eine solche Aufteilung des Flugverkehrs sei schon 2011 im Gespräch gewesen, erinnerte Boßlet.

Momentan kein Thema mehr sei die frühere Überlegung aus Mainz, im verkehrsärmeren Winterhalbjahr nur einen Flughafen in Betrieb zu lassen und viel Geld zu sparen, weil dann nur eine Bahn eisfrei gehalten werden muss (wir berichteten). Boßlet: "Beide Flughäfen sollen nach dem jetzigen Modell ja eigenständig bleiben und haben dann auch beide eine Betriebspflicht. Man muss sehen, ob sich daran in mittlerer Zukunft etwas ändert."

Die Verkehrsaufteilung sei aber "nur ein Teil des Gesamtpakets, das der EU-Kommission vorgestellt wird", sagte Boßlet. Details wolle er nicht öffentlich nennen, "aber es geht um Erlössteigerungen und Kostensenkungen". Man wolle "mit gemeinsamen Maßnahmen erreichen, dass jeder Flughafen für sich in zehn Jahren kein Defizit mehr hat oder leichte Gewinne macht". Er sehe den Gesprächen in Brüssel deshalb "mit freudiger Erwartung, ob unser Modell Zustimmung findet" entgegen.

Geleitet werden die Delegationen in Brüssel von den jeweiligen Flughafen-Aufsichtsratsvorsitzenden, den Verkehrs-Staatssekretären Günter Kern (Rheinland-Pfalz) und Jürgen Barke (Saarland), beide SPD. Noch offen war gestern laut Boßlet, ob die Flughafen-Geschäftsführer bei den politischen Gesprächen dabei sind. Für den Flughafen Zweibrücken werde auf jeden Fall entweder er oder sein Geschäftsführer-Kollege Rüdiger Franke nach Brüssel fahren.

Gibt es einen Plan B für den Fall, dass die EU-Kommisson das Flughafensystem ablehnt? Boßlet: "Dann werden wir ja hören, was die Kommission sich vorstellt und welche Gründe sie hat. Dann müssten wir schauen, ob wir gemeinsam eine Lösung finden können. Aber warum soll es nicht funktionieren? Beide Seiten sind sehr zuversichtlich, weil wir eine vernünftige und belastbare Regelung gefunden haben."

Zum Thema:

Auf einen BlickDas Defizit des Flughafens Zweibrücken lag im Jahr 2012 bei 4,5 Millionen Euro, das in Saarbrücken mehr als doppelt so hoch (9,3 Millionen Euro). Die neuen Flughafenleitlinien der EU verlangen von Airports, die weniger als 100 Kilometer entfernt sind, die Vorlage eines seriösen Geschäftsplans, wie sie ihr Defizit innerhalb von zehn Jahren beseitigen, und zwar ohne den Nachbarflughafen zu beeinträchtigen - sonst muss der Betrieb bald eingestellt werden. lf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort