Studenten gestresst vom Notendruck

Zweibrücken · Arbeitspsychologin Carmen Binnewies warnt vor dem permanenten Leistungsdruck im Studium. Studierende müssten sich Auszeiten gönnen, sonst drohe der Burn out.

 Wer lernt, baucht auch Auszeiten. Foto: Rumpenhorst/dpa

Wer lernt, baucht auch Auszeiten. Foto: Rumpenhorst/dpa

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Viele Studenten leiden laut Arbeitspsychologin Carmen Binnewies so stark unter Stress, dass sie auch in den nun gestarteten Semesterferien kaum abschalten können. Durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge seien die Prüfungszeiträume immer dichter geworden, sagte die Psychologin Carmen Binnewies von der Universität Münster.

"Die Studierenden heute lernen nicht, um zu lernen, sondern um die Prüfungen am Semesterende mit Bestnote zu bestehen." Das Studium sei dabei oft straff organisiert mit Anwesenheitspflicht. Die vorlesungs- und prüfungsfreie Zeit werde dann oft noch mit den erforderlichen Praktika "vollgepackt". "Doch ohne Erholungszeiten funktioniert niemand auf Dauer", warnt die Wissenschaftlerin.

Besonders im Bachelorstudiengang sei der Stress groß. Der permanente Leistungsdruck und die Sorge, schlechte Noten zu bekommen und nicht zum Master zugelassen zu werden, setzten viele unter Druck. "Studenten von mir sind enttäuscht, wenn sie in einer Klausur eine Zwei haben", erzählt Binnewies. Die, die auch sehr gute Schüler waren, machten sich den meisten Druck. Für jene, die für ihren Lebensunterhalt jobben müssen, sei es dagegen schwer mitzuhalten.

Die Studenten könnten so in einen Teufelskreis geraten, sagt die Erholungsforscherin, deren Schwerpunkt die Arbeits- und Organisationspsychologie ist. Wer die Nächte durchlerne und Freizeitaktivitäten aufschiebe, brauche seine Ressourcen schnell auf. "Irgendwann ist man zu erschöpft, um Erholung zu finden." Entsprechend habe in den vergangenen Jahren die psychologische Beratung an den Universitäten zugenommen, wo Studenten mit Symptomen von Burn-out, Angststörungen oder Depressionen Hilfe suchen.

Der erste Schritt zu mehr Wohlbefinden sei generell die Erkenntnis, dass jeder für seine Erholung selbst verantwortlich ist, erklärt Binnewies. Studierende, denen alles über den Kopf wachse, müssten lernen, ihre Zeit besser einzuteilen - mit "Frei-Zeiten" zwischendrin. "Sie wissen, was gut für sie ist, räumen dem aber meist keinen Platz mehr ein", sagt die Psychologin.

Für die einen sei es der Sport, andere schalteten am besten beim Stricken ab, wenn sie in die Sauna gehen, sich mit Freunden treffen oder sich ehrenamtlich engagieren.

Insgesamt plädiert sie für mehr Gelassenheit im Hochschulbetrieb: "Es gibt zu wenig Toleranz für Fehler im System - man muss auch mal eine Klausur verhauen dürfen, ohne dass es in die Masterplatz-Auswahl einfließt."

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