Ausstellung „Heute gilt es uns“ im Zweibrücker Stadtmuseum Eine Stadt blickt in den Abgrund

Zweibrücken · Die Ausstellung „Heute gilt es uns“ im Stadtmuseum zeigt nicht nur die Zerstörung Zweibrückens in der Bombennacht vom 14. März 1945, sondern auch warum es dazu kam.

 Carolin und Hedda Wilms (von links) betrachten die Exponate der aktuellen Ausstellung „Heute gilt es uns“ im Zweibrücker Stadtmuseum.

Carolin und Hedda Wilms (von links) betrachten die Exponate der aktuellen Ausstellung „Heute gilt es uns“ im Zweibrücker Stadtmuseum.

Foto: Susanne Lilischkis

„Heute gilt es uns“ war sich Dr. Alois Kessler, Chefarzt des St. Elisabeth Krankenhauses, am Abend des 14. März 1945 sicher. Er sollte Recht behalten. Um 20 Uhr fielen Bomben der Alliierten auf die Rosenstadt und machten sie dem Erdboden gleich. An dieses für Zweibrücken prägende Datum erinnert die Ausstellung „Heute gilt es uns“, die nun im Stadtmuseum zu besichtigen ist.

Das Museum wurde so vorbereitet, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden können. Das Betreten ist nur durch den Eingang Uhlandstraße möglich. Ein Mundschutz muss getragen werden. Für jeden Raum wurde eine Höchstgrenze an Besuchern festgelegt. Gruppen ab vier Personen haben keinen Eintritt. „Im Moment können wir leider keine Führungen machen und auch das Begleitprogramm muss ausfallen“, informiert Museumsleiterin Charlotte Glück. Eine gute Einführung in das Thema bietet die Aufzeichnung der Eröffnungsansprache, die im Medienraum im ersten Stock angesehen werden kann. Interessierte können sie sich auch vorab auf der Video-Plattform Youtube anschauen.

Da Corona-bedingt im Moment keine weiteren Ausstellungen geplant sind, wird die Schau noch einige Zeit im Stadtmuseum zu sehen sein. Begleitend wird auch ein Katalog mit zahlreichen interessanten Fotos erstellt, der in Kürze im Museumsshop erworben werden kann.

Die kleine, aber hochinteressante Ausstellung zeigt den Weg Zweibrückens in den Horror des Krieges. So ganz aus „heiterem Himmel“ geschah die Bombardierung nämlich nicht. In Zweibrücken gab es, wie in vielen anderen deutschen Städten, glühende Verehrer des Nationalsozialismus. Es existierten sowohl ein Haus der SA als auch ein Haus der NSDAP, letzteres stand in der Fruchtmarktstraße. Die Straße trug damals den Namen des „Reichsstatthalter der Westmark“, Josef Bürckel, der an der Ermordung Tausender Juden maßgeblich beteiligt war.

Auch in Zweibrücken brannte die Synagoge, auch aus Zweibrücken wurden Juden deportiert und ins KZ gebracht. Die Rosenstadt galt als eines der Zentren der nationalsozialistischen Bewegung. Unter anderem Fotos vom Treffen der Hitler-Jugend am 13. August 1933 beweisen das.

Dass die Verehrung von Krieg und Vaterland manchmal seltsame Blüten trieb, zeigt ein Tryptichon von Hermann Croissant, das den Westwall darstellt. Anfang der 40er Jahre hing dieser Westwall-Zyklus zur Erbauung der Besucher im Kaminzimmer der Fasanerie.

Die Bombennacht überlebten zahlreiche Zweibrücker dadurch, dass sie sich in den Himmelsbergstollen geflüchtet hatten. Als sie nach einer furchtbaren Nacht den Keller verließen, erkannten sie ihre Stadt nicht wieder. So gut wie jedes Haus lag in Trümmern. Zwischen dem Hallplatz und dem Alexanderplatz stand nur noch ein intaktes Gebäude, Gas- und Wasserleitungen waren zerfetzt. Das Stadtmuseum zeigt eindrückliche Bilder von den Ausmaßen der Zerstörung. Etwa eine Woche nach dem Bombenangriff zogen amerikanische Soldaten durch Zweibrücken.

Ausstellungsbesucherin Hedda Wilms erinnert sich daran. Sie war damals vier Jahre alt und die Soldaten marschierten durch die Ixheimer Straße. Einer der Männer schenkte ihr Schokolade, ein Leckerbissen, an den sie sich heute noch erinnert. Auch an ihren Vater, den sie nie gesehen hat, bis er aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Nicht als der strahlende Held, den sie sich ausgemalt hatte, sondern völlig abgemagert und mit Lumpen an den Füßen.

So schlimm es ihre Stadt auch getroffen hatte – die Zweibrücker verzweifelten nicht und machten sich an den Wiederaufbau. Fotos von Trümmerfrauen und Schutt wegräumenden Studenten beweisen den Elan, den die Bevölkerung entwickelte, als es daran ging, ihre Heimatstadt wieder aufzubauen. Hier war viel Improvisationstalent gefragt.

Sehr eindrücklich zeigt das eine Milchkanne aus einer Granatenkartusche. Sie ist liebevoll mit aus dem Metall herausgetriebenen Hirschen verziert.

Im letzten Raum der Ausstellung kommen auch Zeitzeugen zu Wort. Ihre eindringlichen Schilderungen lassen das Grauen des Krieges erahnen. „Heute gilt es uns, für Frieden und Demokratie einzutreten und sie zu verbreiten. Der erste Schritt dazu ist es, Wissen zu vermitteln, aufzuklären, Fakten zu nennen und Zusammenhänge herzustellen. Dies versuchen wir hier“, sagt Charlotte Glück in ihrer Einführungsrede. Dem Team vom Stadtmuseum ist das sehr gut gelungen.

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