Nahles will Missbrauch bei Leiharbeit bekämpfen

Berlin · Nach Mindestlohn und Tarifeinheit geht Arbeitsministerin das nächste Thema an: Nun will sie Leiharbeit und Werkverträge reformieren.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) geht das nächste arbeitsmarkpolitische Projekt aus dem Koalitionsvertrag an: die Reform von Leiharbeit und Werkverträgen. Einen entsprechenden Entwurf leitete ihr Ressort gestern zur Abstimmung an das Kanzleramt weiter. Vorbehaltlich der anschließenden parlamentarischen Beratungen könnten die neuen Bestimmungen Mitte 2016 in Kraft treten. Allerdings muss Nahles noch die Union von ihren Plänen überzeugen.

Ziel sei es, den "Missbrauch und das Umgehen von Arbeitsstandards" zu verhindern, heißt es in einem Positionspapier des Arbeitsministeriums, das unserer Zeitung vorliegt. Kern der Vorlage ist die grundsätzliche Begrenzung der Beschäftigung eines Leiharbeiters in einem Einsatzbetrieb auf höchstens 18 Monate. Danach muss er automatisch von der Firma übernommen werden. Bislang gab es hier keine Fristen. Allerdings soll die gesetzliche Vorgabe nicht greifen, wenn sich die Tarifpartner auf eine längere Überlassungsdauer geeinigt haben. Voraussetzung ist ein entsprechender Tarifvertrag. Erstmals wird auch die Entlohnung der Leiharbeit geregelt. Leiharbeiter sollen demnach maximal neun Monate lang schlechter bezahlt werden können als die Stammbelegschaft. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen: Falls tarifliche Regelungen eine Aufstockung des Leiharbeiterlohns schon vor Ablauf der neun Monate vorsehen, gilt die Lohngleichheit mit den Stammbeschäftigten erst nach einer Einsatzdauer von einem Jahr. Darüber hinaus wird in dem Gesetzentwurf klargestellt, dass Leiharbeiter nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen.

Bei Werkverträgen, die zur Abarbeitung spezieller Aufträge durch externe Unternehmen gedacht sind, setzt Nahles auf mehr Transparenz. So sollen Betriebsräte künftig vom Arbeitgeber besser über den Inhalt solcher Kontrakte informiert werden. Werkverträge und Zeitarbeit gelten insbesondere den Gewerkschaften als Einfallstor zur Absenkung sozialer Standards. Während die Zahl der Zeitarbeiter jedoch fest steht - 2014 gab es im Jahresschnitt rund 860 000 - ist das Ausmaß der Werkvertragsarbeit unbekannt. Aufschluss soll nächstens eine Studie des Arbeitsministeriums geben.

Widerstand gegen die Nahles-Pläne ist vom Wirtschaftsflügel der Union zu erwarten. Die Arbeitgeberverbände gingen gestern auf Distanz. Der Entwurf gehe weit über die Vorgaben des Koalitionsvertrages hinaus und beinhalte "völlig praxisferne Regulierungen", kritisierte BDA-Chef Ingo Kramer.

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