Hoffnung für Griechenland

Brüssel · Die nächste Rate aus dem dritten Hilfspaket kann wohl bald nach Athen fließen. Das zeichnete sich gestern beim Treffen der Euro-Finanzminister ab. Möglicherweise bekommt Griechenland auch Zeit, Schulden bis 2080 zurückzuzahlen.

Wenn von 19 Finanzministern des Euro-Raums mehr als die Hälfte zu Beginn einer Sitzung "die Fortschritte der letzten zwei Wochen" lobt, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass man tatsächlich vorangekommen ist. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem , Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) und viele andere taten genau das, als sie gestern zu ihrer Sitzung über die Lösung der Griechenland-Krise in Brüssel eintrafen. Schäuble ging sogar noch weiter: "Ich gehe davon aus, dass wir heute eine Einigung im Grundsatz erreichen."

Athen kann hoffen. 21,4 Milliarden Euro des dritten Rettungspaketes über insgesamt 86 Milliarden sind inzwischen ausgegeben. Spätestens im Juli muss die nächste Tranche von gut fünf Milliarden fließen, um Forderungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu bedienen. Erst am Wochenende hatte das griechische Parlament die letzten Auflagen erfüllt: Weitere Sparmaßnahmen, die 1,8 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen sollen, wurden verabschiedet. Unter anderem wird am 1. Juni die Mehrwertsteuer auf Getränke und viele Lebensmittel von 23 auf 24 Prozent angehoben.

Die Geldgeber zeigten sich zufrieden. Ein paar technische Details müssen wohl noch geklärt werden, dann können die 19 nationalen Parlamente - darunter auch der Bundestag - die Auszahlung absegnen.

Aufatmen auch im Kreis der Finanzminister. Doch das Wort vom "Durchbruch" mochte noch niemandem wirklich über die Lippen kommen. Denn die Beschlüsse aus Athen reichen dem IWF nicht, um endlich seinen Teil am dritten Rettungspaket zu übernehmen. "Es ist aber keine Option, ohne den IWF weiterzumachen", betonte Dijsselbloem, und auch Schäuble unterstrich, dass es ohne den Washingtoner Fonds "kein Programm geben wird".

Der fordert aber nicht nur von Athen Zusagen, sondern auch von den Euro-Partnern. Sie sollen umfassenden Schuldenerleichterungen zustimmen. Der IWF will Athen erlauben, mit den Rückzahlungen der insgesamt drei Kredite mit insgesamt rund 330 Milliarden Euro erst 2040 zu beginnen. 2080 sollen dann alle Schulden beglichen werden. Der Zinssatz wird auf 1,5 Prozent gesenkt. Ziel soll es sein, den Schuldenberg erkennbar zu senken, damit das Land schnell wieder an den Kapitalmarkt zurückkehren kann.

Für viele Euro-Länder sind solche Erleichterungen "durchaus denkbar", wie in Brüssel betont wurde. "Aber sie müssen auch politisch durchsetzbar sein". Soll heißen: Es gibt keinen Schuldenschnitt, was einem Verzicht auf geliehenes Geld gleichkäme, sondern lediglich eine Streckung der Darlehen. Damit könne sich wohl auch die Bundesregierung anfreunden, mutmaßte ein hochrangiger deutscher Diplomat.

Meinung:

Warten auf den Durchbruch

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes

Krisen-Sitzungen über die Zukunft Griechenlands gehören seit Jahren zum politischen Alltag in Brüssel . Doch scheint nun ein Punkt erreicht, an dem mehr geschieht, als die Spirale aus Forderungen der Geldgeber und verzweifeltem Gehorsam der griechischen Politik noch weiter zu drehen. Athen hat geliefert, darüber gab es bei den Euro-Finanzministern keinen Zweifel. Aber inzwischen hat der Internationale Währungsfonds auch die Geberseite weichgeklopft. Denn seit langem war absehbar: Der gewaltige Schuldenberg , der das Land drückt, ist selbst mit vernünftigem Sparen und erfolgreichem Wirtschaften allein nicht in den Griff zu kriegen. Dass die Euro-Partner in den sauren Apfel beißen und die Schulden - wenn schon nicht abschreiben - dann doch wenigsten stunden müssen, schält sich immer klarer heraus.

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