Gehamstert in der Corona-Krise Alles rund ums heiß begehrte Klopapier

Berlin · Zurzeit in Deutschland gehamstert, hat es doch Potenzial für viel mehr: das Toilettenpapier. Selbst Bäcker werden davon inspiriert.

 Eine Dortmunder Bäckerei verkauft jetzt Marmorkuchen in Form von Klopapier.

Eine Dortmunder Bäckerei verkauft jetzt Marmorkuchen in Form von Klopapier.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Kaum eine andere Ware scheint sich in der Corona-Krise derartiger Beliebtheit zu erfreuen wie das Klopapier. Reihenweise leere Regale in Supermärkten und Drogerien zeugen von der Jagd der Deutschen nach dem Hygieneprodukt. Zeit, ein bisschen mehr über die alltäglichen Blättchen zu lernen, die den Menschen in Deutschland gerade so sehr am Herzen liegen.

Erfunden in China: Ursprünglich stammt das Klopapier – wie auch das Papier – aus China. Mitte des 19. Jahrhunderts kam es dann in den USA auf den Markt. Damals allerdings nicht als Rolle, sondern in Form einzelner Blättchen in einer Schachtel. Auch in Europa hielt es damals Einzug. Die erste Fabrik für Toilettenpapier in Deutschland entstand in den 1920er Jahren. Doch das hier so verbreitete Klopapier wird nicht überall verwendet. In vielen Ländern Südostasiens und auf der arabischen Halbinsel etwa säubern sich Menschen nach dem Toilettengang mit Wasser.

Verbrauch in Deutschland: Wie viele Rollen Klopapier genau die Deutschen im Jahr verbrauchen, ist nicht ganz klar, aber nach dem Spitzenreiter Nordamerika ist Westeuropa beim Verbrauch von Hygienepapier ganz vorne dabei. Etwa 17 Kilogramm pro Person bescheinigt das European Tissue Symposium jedem Menschen in Deutschland jährlich. Zum Hygienepapier zählen auch Küchenrolle und Taschentücher. Wäre es nur das Klopapier, dann kämen die Deutschen wohl auf stolze 170 Rollen im Jahr – ausgehend von einer Rolle dreilagigem Papier mit 150 Blättern à 100 Gramm. Noch mehr Hygienepapier als in Deutschland wird etwa in den USA, in der Schweiz, in Finnland und in Hongkong verwendet. Auch die Art der Nutzung unterscheidet sich. Während in Deutschland viel gefaltet wird, knüllt man das Papier im angloamerikanischen Raum lieber.

Lukrative Geschäfte: Mit Klopapier lässt sich auch privat Geld verdienen. Eine kriminelle Gruppe in Tschechien beging 2014 Mehrwertsteuerbetrug, indem sie das Papier Dutzende Male zwischen Firmen im Inland und der Slowakei hin- und herverkaufte. Auch der Bestseller-Autor Karl-Heinz (Henry) Jäger bewies Geschäftssinn. Im Gefängnis beschrieb er heimlich Toilettenpapier. Mit Hilfe eines Geistlichen gelangten die Seiten nach draußen, und so wurde 1962 sein gefeierter Roman „Die Festung“ veröffentlicht.

Kreativität: Wer sich zu einem Hamsterkauf von Klopapier hat verleiten lassen und nun nicht weiß, wohin mit den ganzen Rollen, kann mit den Blättchen auch seine Kreativität ausleben. Origami-Anleitungen etwa gibt es nicht nur für Schmuckpapier, sondern auch für die weniger edlen Abputztücher. Für Fortgeschrittene findet sich eine etwas langwierigere Aufgabe: ein Brautkleid aus Klopapier schneidern. Diese skurrile wie aufwendige Beschäftigung hat nicht nur auf Junggesellinnenabschieden Einzug gefunden, sondern auch in eine US-amerikanische Fernsehshow.

Und sonst so? In Düsseldorf gibt es ein eigens dem Toilettenpapier gewidmetes Museum. Am 26. August ist internationaler Tag des Toilettenpapiers. In Peking geben Hightech-Automaten das Klopapier mancherorts nur bei Gesichtserkennung aus – im Kampf gegen Papierdiebe. Und in Dortmund heitert Bäckermeister Tim Kortüm mit Klopapier-Kuchen seine Kunden auf – und trifft offenbar einen Nerv. Zunächst habe er nicht mehr als nur einen Scherz machen wollen. Doch der runde Marmorkuchen, der mit weißem Fondant umwickelt ist und so einer Klopapierrolle sehr ähnelt, habe sofort reißenden Absatz gefunden: „Die ersten acht Exemplare waren in wenigen Minuten weg“, erzählte der 36-Jährige.

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