Ein Schotte will ins Geschichtsbuch

London · Manche Schotten scherzen, dass König Alex bald Königin Elisabeth II. ablösen könnte. Denn die Auftritte von Alex Salmond, dem schottischen Regierungschef und Vorsitzenden der Scottish National Party (SNP), nehmen mitunter royale Züge an.

Er wird bejubelt und kann kaum verbergen, wie das seinem Ego schmeichelt. Immerhin geht es ihm darum, Geschichte zu schreiben. Salmond will Schottland in die Unabhängigkeit führen und wirbt unaufhörlich für die Abspaltung. Mit großem Erfolg.

Die aktuellen Umfragen zeigen einen Stimmungsumschwung: Während vor einem Monat nur 41 Prozent der gut vier Millionen Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit von Großbritannien stimmen wollten, ermittelten die Meinungsforscher von YouGov diese Woche bereits 47 Prozent. Ein Sieg der Autonomie-Anhänger beim Referendum am 18. September sei "jetzt eine echte Möglichkeit", sagt YouGov-Chef Peter Kellner. Das liegt nicht zuletzt an Salmond, der sich als Gesicht der Ja-Kampagne präsentiert. Gerne und glaubhaft wettert der 59-Jährige gegen die Regierung in London , er stellt sich Fernsehdebatten und betont die historische Chance des Referendums. Kritiker fragen sich, ob es bei dieser Show um Schottland oder um Salmond geht. Der begnadete Rhetoriker, stets angriffslustig und schlagfertig, hat mit Sicherheit beides im Blick.

Alexander Elliot Anderson Salmond stammt aus einem Beamtenhaushalt, studierte Wirtschaft und Geschichte an der renommierten St.-Andrews-Universität. In dieser Zeit schloss er sich der SNP an, die damals noch als verstaubte Organisation galt. Mit seinen linken Überzeugungen erregte er dort schnell Aufsehen. Dass die SNP heute als moderne, sozialdemokratische und auf Europa ausgerichtete Partei dasteht, ist weitgehend sein Verdienst.

Nach seinem Uni-Abschluss arbeitete Salmond im britischen Schottland-Ministerium, wechselte dann zur Royal Bank of Scotland . Ab 1987 nahm er verschiedene Mandate im britischen Unterhaus wahr und saß im seit 1999 bestehenden schottischen Regionalparlament. Als SNP-Chef trat er 2000 wegen interner Streitigkeiten zurück, um 2004 abermals zu kandidieren und einen überwältigenden Sieg einzufahren. Es war der Beginn einer Zeitenwende für seine Partei und für Schottland . Sieben Jahre später wählte das Parlament den Mann mit dem verschmitzten Lächeln zum Ersten Minister.

Auch wenn Salmond stets die Unabhängigkeit Schottlands wollte und seinen Patriotismus betont, Traditionsstreben ist ihm fern. So lässt er sich nicht gern im Kilt sehen. Sympathiepunkte bringen ihm vielmehr sein ökonomischer Sachverstand und die politische Gerissenheit ein. Salmond lebt mit seiner Frau Moira McGlashan in einer umgebauten Mühle in Strichen, einem grauen Küstenort, der durch Nord seeöl reich wurde. Als sie 1981 heirateten, war er 26, seine Gattin und ehemalige Chefin 43 Jahre alt. Während ihr Mann durch die Lande zieht, hält sich Moira von der Öffentlichkeit fern. Sie liegt ihr offenbar nicht, die Rolle der Quasi-Königin von Schottland .

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