Affront gegen Gabriel als Botschaft an die Hardliner

Teheran · Zum Abschluss seiner Iran-Reise wollte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) gestern eigentlich den einflussreichen iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani treffen - doch die iranische Seite sagte das Gespräch am Morgen kurzerhand ab. Ein Affront, für den es offiziell keine Begründung gab. Laridschanis Bruder Sadegh, der immerhin Chef der iranischen Justiz ist, hatte Gabriels Besuch allerdings zuvor schon scharf kritisiert: "Wenn ich an der Stelle der ehrenwerten Regierung oder des Außenministers wäre, hätte ich solch einer Person nicht erlaubt, ins Land zu kommen."

 Sigmar Gabriel (SPD) konnte den Teheraner Golestan-Palast besichtigen, aber nicht den Parlamentspräsidenten treffen. Foto: dpa

Sigmar Gabriel (SPD) konnte den Teheraner Golestan-Palast besichtigen, aber nicht den Parlamentspräsidenten treffen. Foto: dpa

Foto: dpa

Anlass dafür waren offensichtlich Äußerungen Gabriels vor seiner Reise: "Ein normales, freundschaftliches Verhältnis zu Deutschland wird erst dann möglich sein, wenn Iran das Existenzrecht Israels akzeptiert", hatte er in einem "Spiegel"-Interview gesagt. Dies war auch vom iranischen Außenministerium kritisiert worden. Ali Laridschani , der als Parlamentspräsident Gabriels hochrangigster Gesprächspartner gewesen wäre, zählt im Iran zum konservativen Lager, unterhält aber auch vertrauensvolle Verbindungen zum moderaten Präsidenten Hassan Ruhani. Dass das Existenzrecht Israels Staatsräson in Deutschland ist, ist allerdings auch in Teheran seit langem bekannt. Sätze wie der Gabriels gelten im Iran häufig als Signale vornehmlich für den deutschen "Markt" - die man diplomatisch überhört, auch wenn der Kampf gegen Israel in Iran Staatsräson ist.

Schon während des Fluges nach Teheran zeigte Gabriel am Sonntagabend eine abfotografierte Seite einer Zeitung der iranischen Revolutionsgarden. Darauf ist er zu sehen, der Text lautet: "Lasst diesen Freund der Zionisten nicht in den Iran einreisen." Um seinen Kopf ist ein rotes Quadrat, an ein Fadenkreuz erinnernd. Die brüske Reaktion Teherans ist allerdings durchaus erstaunlich, weil Gabriel sich bei seinem Besuch sehr um eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen bemüht und der Regierung eine Unterstützung ihres Öffnungskurses signalisiert hatte.

Der SPD-Vorsitzende sieht in der Absage denn auch einen Teil des inner-iranischen Wahlkampfes. In einem halben Jahr wird in dem 80-Millionen-Land ein neuer Präsident gewählt. Der Reformer Ruhani steht enorm unter Druck. Sein Öffnungskurs, der auf dem umjubelten Atomabkommen gründet, hat sich wirtschaftlich noch nicht so niedergeschlagen, wie sich das viele Iraner erhoffen. Er ist auf ausländische Hilfe und Investitionen angewiesen, doch diese finden wegen Problemen bei den Finanzierungen durch Banken noch nicht den Weg ins Land. In der Bevölkerung wächst der Unmut, auch unter Ruhani-Anhängern. Diese Stimmungslage machen sich die Opposition und die Ruhani-Gegner zunutze, insbesondere die Konservativen und die noch schärferen Hardliner. Der Affront gegen Deutschland bedient diese Stimmung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort