Fahrplan nach der Hamburg-Wahl Bei der Union brennt es weiterhin an vielen Stellen

Nach ihrer Rückzugsankündigung vor zwei Wochen ist über Annegret Kramp-Karrenbauer die politische Realität so schnell hinweggefegt wie zuletzt die Stürme „Sabine“ und „Yulia“ über Deutschland.

Hagen Strauss

Hagen Strauss

Foto: SZ/Robby Lorenz

Von dem, was sich die CDU-Chefin für einen geordneten Übergang vorgenommen hatte, ist fast nichts geblieben. Das Führungsvakuum in der Union wurde in Thüringen täglich sichtbar. Und der nun von den Parteigremien verabschiedete Fahrplan zur Bestimmung des neuen Vorsitzenden ist ein Eingeständnis des Scheiterns.

Die ursprüngliche Vorstellung, in Ruhe über den Sommer und dann beim Parteitag im Dezember die Personalfragen klären zu können, war politisch naiv. Auch die geplante direkte Verbindung von Vorsitz und Kanzlerkandidatur war so nicht durchzuhalten, wenn man bedenkt, dass ohne die CSU in der K-Frage keine Entscheidungen möglich sind. Da ist CSU-Chef Markus Söder prompt dazwischen gegrätscht. Was aber vermutlich am schwersten wiegt: Der Plan, die Führungsfragen möglicherweise im Hinterzimmer mit den Aspiranten auskungeln zu können, ist spätestens durch die Kandidatur Norbert Röttgens im Handstreich gekippt worden. Kurzum: Ausgerechnet die CDU, die sonst immer für Verlässlichkeit, klaren Machtanspruch und starke Führung stand, hat zuletzt wie ein Tollhaus gewirkt. Ohne Kurs, ohne Kante.

Nun geht alles viel schneller als gedacht. Das ist gut so. Eine Volkspartei wie die CDU lebt von der Geschlossenheit; das ist auch das, was die Wähler von der Union erwarten. Gleichwohl beinhaltet der Fahrplan Tücken – eine Teamlösung konnte AKK nicht herbeiführen. Das verwundert freilich nicht angesichts der großen Egos derer, die Parteichef werden wollen. So dürfte es auf dem außerordentlichen Parteitag am 25. April zum Showdown zwischen den Kandidaten kommen. Die Entscheidung wird freilich nur in die Hände der Delegierten geben. Die Zeiten sind aber andere. Mitglieder erwarten Partizipation und Mitsprache. Der CDU hätte es daher gut zu Gesicht gestanden, ihre innerparteiliche Demokratie zu stärken und auch die Mitglieder zu befragen. Vielleicht wehrt sich die Basis noch. Dann wäre auch dieser Teil des Plans gekippt.

Darüber hinaus ist mit dem Ende der Personalquerelen noch kein einziges inhaltliches Problem gelöst. Thüringen wiegt nach wie vor schwer – das Verhältnis zur Linkspartei und zur AfD wird im Osten völlig anders gesehen als bei der Bundes-CDU. Der neue Vorsitzende wird also vor einem ähnlichen Problem stehen wie AKK. Hinzu kommt, dass die Union angestammte Milieus verloren hat. Großstadtpartei ist sie schon lange nicht mehr. Hamburg hat das nochmal bestätigt.

Nur Angela Merkel kann sich beruhigt zurücklehnen. Die Kanzlerin wird auch noch im Amt sein, wenn Deutschland im zweiten Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Das war ihr Ziel. Der neue Chef erbt damit aber noch ein Problem, an dem schon AKK gescheitert ist – das Nebeneinander zwischen Parteivorsitz und Kanzlerschaft. Ausgang offen.

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