Pro: Die Grundrente kommt Die Reform gibt vielen Menschen mehr Würde

Es stimmt, die Grundrente löst nicht alle Sozialprobleme. Auch nicht zum Beispiel die Armut vieler Familien mit Kindern. Und es stimmt auch: Es gibt neue Ungerechtigkeiten.

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: SZ/Robby Lorenz

Weil sie erst ab 33 Beschäftigungsjahren greift, stellt sich die Frage: Was ist mit denen, die ein paar Jahre weniger haben? Weil die Reform auch für Teilzeitbeschäftigte gilt, heißt es: Jetzt werden Vollzeitarbeitnehmer benachteiligt. Aber: Jede Sozialleistung hinterlässt Menschen, die von ihr ihr nicht oder gerade nicht mehr begünstigt sind. Keine kann alle Probleme lösen. Ja, wenn der Mindestlohn zwölf Euro betrüge, wenn auch Selbständige in die Rentenkasse einzahlten und Kindererziehungszeiten besser abgesichert würden, ja, dann bräuchte man keine Grundrente. Solche Vorschläge aber hat man von den Kritikern nicht gehört.

Die Reform gibt vielen Menschen mehr Würde. Sie haben ihr Leben lang hart gearbeitet, aber wenig verdient. Sie haben mit ihrer Arbeit und ihren Steuern zum Gemeinwesen beigetragen. Weil das Respekt verdient, erspart man ihnen im Alter den Gang zum Sozialamt. Das Gesetz behandelt den Zuschlag als Rentenanspruch, so wie bei der Mütterrente auch. Zu Recht. Rente ist kein Almosen, sondern durch Arbeit erworbenes Anrecht. Egal wie groß das Haus ist, egal, was nebenher verdient wird. Letzteres wird bei der Grundrente anders als bei der Rente Besserverdienender sogar geprüft und angerechnet. Das ist wirklich ungerecht.

Im Kern heilt das Gesetz einen Teil der sozialen Wunden, die der Niedriglohnsektor in Deutschland geschlagen hat. All die Dumpinglöhne, Fristverträge, Scheinselbständigkeiten. Es gibt eine Schicht im Land, die prächtig davon gelebt hat und lebt. Und eine andere, die dafür in die Altersarmut geschickt werden sollte. All die Kassiererinnen und Putzfrauen, Zusteller und Zeitarbeiter. Das ist bald für 1,3 Millionen von ihnen vorbei. Wenigstens für sie.

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