Mendelssohn, der Kraftprotz: Das 6. Studiokonzert der DRP

Saarbrücken · Brahms, Mendelssohn-Bartholdy und Toru Takemitsu – sie standen auf dem Programm des 6. Studiokonzerts der Deutschen Radiophilharmonie auf dem Halberg.

Die Programmmacher der Deutschen Radio Philharmonie (DRP) mögen sich etwas dabei gedacht haben, das sechste Studiokonzert trist mit einem in sich gekehrten "Requiem" für Streicher von Toru Takemitsu zu beginnen. Eine lustvolle Einstimmung auf das Brahms'sche Violinkonzert war das nicht. Am Pult stand der junge Boian Videnoff, Gründer und Leiter des Nachwuchsorchesters "Mannheimer Philharmoniker", bei dem sich auch mehrere Mitglieder der DRP als Ausbilder engagieren. Er ist der Sohn der DRP-Konzertmeisterin Dora Bratchkova, die sich in dieser besonderen Konstellation der Aufgabe "Johannes Brahms , Violinkonzert D-Dur" stellte. So temperamentvoll, wie sie sonst als Kopf der Violingruppe agiert, ging sie es auch an. Man spürte, wie sie sich intensiv in jeden Takt hineinkniete, Phrasen gestaltete, Details formte und Harsches ungeglättet ließ. Mitunter wurde da die intonatorische Absicht bei Doppelgriffen unklar.

Das Adagio wurde zügig angegangen, die Gelassenheit der Melodie verspielt. Das ungarisch gefärbte Finale bekam Feuer und mitunter robuste handwerkliche Strukturen. Vom Orchester hätte man sich mehr Brahms'schen Sog gewünscht, besser eingeordnete Bläser und differenziertere Dynamik. Das Publikum honorierte die DRP-Konzertmeisterin mit "standing ovations", das Adagio aus Bartóks Solosonate geleitete meditativ in die Pause.

Danach Sturm- und Meeresbrausen, schottisches Hochland und ein kräftiger Scotch bei Mendelssohn-Bartholdys dritter, der "Schottischen" Sinfonie. Nebel wurden verjagt, folkloristische Farben aufgetragen, hymnisches Blech ins rechte Licht gerückt. Wer seidiges Singen der Violinen (3. Satz) vermisste, den entschädigte die Macht der Hörner und Trompeten. Ein Mendelssohn, der nicht als "Feingeist", sondern als lustvoller Tutti-Kraftprotz daherkam.

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