Ausstellung Ein Wiedersehen mit Freunden

Remagen · Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck feiert mit einer großen Henry-Moore-Ausstellung sein zehnjähriges Bestehen.

 Henry Moores „Goslar Warrior“ (1974) auf dem Vorplatz des Arp Museums.

Henry Moores „Goslar Warrior“ (1974) auf dem Vorplatz des Arp Museums.

Foto: Welf Grombacher

Umringt von Journalisten stand Henry Moore am Rhein­­ufer und wirbelte beim Sprechen mit seinem Gehstock durch die Luft, mal hier, mal dorthin zeigend. Fast 80 war er schon, doch seine Vitalität ungebrochen. Johannes Wasmuth, Leiter des Kulturbahnhofs Rolandseck, hatte den Briten um eine Skulptur gebeten, um sie vor dem Bahnhof aufzustellen. Schon 1975 war Henry Moore deswegen nach Rolandseck gekommen. Im Februar 1977 ging es nun darum, einen geeigneten Standort für die auserkorene „Large Standing Figure: Knife Edge“ zu finden. Der Bildhauer entschied sich für eine Stelle unweit des Fähranlegers, so dass von der Terrasse des Bahnhofs sich hinter der Skulptur die Silhouette des Siebengebirges samt Drachenfels auftat. Ein Blick, für den schon die Romantiker im frühen 19. Jahrhundert schwärmten.

Henry Moores „Large Standing Figure: Knife Edge“ steht lange schon nicht mehr am Rhein. Dafür erstrahlt in diesem Sommer mit der „Large reclining figure“ (1984) eine andere Großplastik des Meisters vor dem Bahnhofsgebäude. Anlass ist das zehnjährige Bestehen des darin beheimateten Arp Museums Bahnhof Rolandseck. Weil es eine schöne Sitte ist, sich zum Geburtstag Freunde einzuladen, zeigt das Haus in diesem Jahr die Ausstellung „Henry Moore – Vision. Creation. Obsession“, eine mit der Moore-Foundation in Perry Green entstandene Auswahl aus dem Oeuvre des Bildhauers. Ergänzt werden die 46 Werke des Briten durch 80 Exponate der hauseigenen Sammlung, mit der das Kuratorenteam Susanne Blöcker, Astrid von Asten und Sarah-Lena Schuster vorbildlich gearbeitet hat.

Wie ein roter Faden ziehen sich die Werke von Henry Moore durchs ganze Museum. Vom „Goslar Warrior“ (1974) auf dem Vorplatz über die „Interior Form“ (1951) als Blickpunkt im Tunnel unter den Gleisen bis hinauf in die obere Etage des Neubaus von Richard Meier hoch über dem Rhein, wo es zu einem Rendez-vous des amis mit dem „Hausherrn“ Hans Arp kommt. Bei der Surrealisten-Ausstellung 1936 in London waren beide vertreten. Danach besuchten die Bildhauer, die so viele Gemeinsamkeiten hatten und sich beide von Fundstücken aus der Natur inspirieren ließen, einander in ihren Ateliers. Während Moore seine biomorphen Formen zeitlebens auf die menschliche Figur zurückführte, war es Arps Anliegen, sich vom Realismus zu lösen. Als beide 1958 Arbeiten für das Unesco-Hauptquartier in Paris schufen, störte sich Arp prompt an dem „Köpfchen“ auf Moores sonst abstrakter Liegender.

Während sich ein Kabinett mit Exponaten der Kunstkammer Rau den Einflüssen auf das Werk von Henry Moore widmet, die von der italienischen Renaissance eines Giovanni Pisano (1250-1315) bis zum Postimpressionismus Paul Cézannes (1839-1906) reichen, dokumentiert ein anderer Raum die Entstehung von „Large Two Forms“, jener Großplastik, die 1979 vor dem Kanzleramt in Bonn aufgestellt wurde. Bundeskanzler Helmut Schmidt soll die Werke Moores im Bahnhof Rolandseck gesehen haben und wünschte sich ein Werk von ihm als Geste.

Ausgerechnet von einem Künstler aus dem ehemaligen Kriegsgegnerland England. Nicht alle fanden das Ende der 70er Jahre gut. Weil außerdem nicht genug Geld im Haushalt eingestellt war, einigten sich die beiden fürs erste auf eine Leihbasis. Zeitgleich sollte eine Ausstellung in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens das Werk des Briten populär machen. „Wenn sich das Publikum in Bonn daran gewöhnt haben wird, kannst Du es mir ja abkaufen“, sagte Henry Moore zum Bundeskanzler. Er sollte Recht behalten. Die „Large Two Forms“ sind in der  Schau nur als Modell zu sehen. Dafür werden acht andere Großplastiken präsentiert. Wobei der Versuch, sie in einem Innenraum zu zeigen, nur bedingt  gelungen ist. Die Raumsituation engt den Blick eher ein als dass sie neue Perspektiven eröffnet. Das gilt im Besonderen für die sieben Meter lange „Three Pieces  Sculpture: Vertebrae“ (1968/69) zu der Moore sich durch das menschliche Rückgrat inspirieren ließ.

Zwar im Außenraum, aber unmittelbar in die Architektur des Richard-Meier-Baus „eingepasst“, kann der Betrachter von keiner Seite aus den nötigen Abstand herstellen, den die riesige Dimension beansprucht. Auch Henry Moore selbst plädierte immer für die Aufstellung seiner Werke im Freien, weil sie dort im Wechselspiel mit Licht und Wetter erst richtig zur Geltung kämen. Das aber ist nur ein kleiner Schönheitsfehler dieser ansonsten zauberhaften Ausstellung. Der idyllisch über dem Rheintal gelegene Bahnhof Rolandseck ist immer eine Reise wert. Dieses Jahr aber besonders.

 Henry Moores „Large Reclining Figure“ vor dem Arp-Museum, das aus dem alten Bahnhofsgebäude und einem von Richard Meier entworfenen Neubau besteht.

Henry Moores „Large Reclining Figure“ vor dem Arp-Museum, das aus dem alten Bahnhofsgebäude und einem von Richard Meier entworfenen Neubau besteht.

Foto: Welf Grombacher

Bis 7. Januar. Di bis So: 11-18 Uhr.

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