Die Bühne und die Sprachbarrieren

Forbach · Im Forbacher Le Carreau haben sich am Mittwoch und Donnerstag 52 Theater-Profis zu Diskussionen getroffen. Das grundlegende Thema: „Mehrsprachigkeit in der Darstellenden Kunst“.

 Eine Szene aus dem Gastsspiel „No(s) révolution(s)“, bei dem es im Carreau bei der Untertitelung haperte. Foto: Carreau

Eine Szene aus dem Gastsspiel „No(s) révolution(s)“, bei dem es im Carreau bei der Untertitelung haperte. Foto: Carreau

Foto: Carreau

Theateraufführungen mit Übertitelung zu bieten, ist technisch heute kein Problem mehr. Für das Forbacher Nationaltheater Le Carreau und das Saarbrücker Bühnenfestival Perspectives ist die Technik ein Segen, um ihrem deutschen und französischen Publikum Stücke in der jeweils anderen Sprache zu erschließen. Gerne würde man aber auch mehr Aufführungen anbieten, in denen auf der Bühne mehrere Sprachen gesprochen werden - doch das werde leider noch wenig praktiziert, sagt Marion Touze von Artbrücken, dem Gemeinschaftsprojekt von Le Carreau und der Stiftung für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit.

Bei seinem mittlerweile vierten Expertentreffen für Theaterleute aus dem deutsch-französischen Raum machte Artbrücken die "Mehrsprachigkeit in der darstellenden Kunst" zum Thema. Welche Herausforderungen bedeutet sie für die Schauspieler und Regisseure? Welche Chancen bietet sie in der globalisierten, multikulturellen Welt?

Im Theater von Cécile Marie, eine von den 52 Experten, die am Mittwoch und Donnerstag im Carreau zusammenkamen, ist Mehrsprachigkeit auf der Bühne heute fast die Regel. Ihr Theater im migrantenreichen Choisy-le-Roy im Pariser Großraum wird - noch ist das ein Ausnahmefall - vom Staat speziell für seine Ausrichtung auf sprachliche Vielfalt gefördert. Für die Direktorin ist diese in zweifacher Hinsicht Notwendigkeit und Gewinn. "Bei uns sprechen fast alle Bewohner eine zweite Sprache, und wenn sie erleben, dass auf der Bühne auch in ihrer eigenen Sprache, also Italienisch, Portugiesisch oder Arabisch, geredet wird, fassen auch theaterferne Menschen Zutrauen zu uns und kommen wieder",erklärt Marie. Zum einen arbeite man auch deshalb viel mit ausländischen Regisseuren oder auch Theatergruppen zusammen, um so die Bühnenkunst künstlerisch zu befruchten. Frankreichs Theater, findet Marie, die viel durch Europa reist, schmore außerdem viel zu sehr im eigenen Saft.

Die Regisseurin Catherine Umbdenstock, eine zweisprachige Elsässerin mit eigenem deutsch-französischen Ensemble, betrachtet das interkulturelle Arbeiten allein schon aus biografischen Gründen als Auftrag. In zwei Fassbinder-Inszenierungen nutzte sie die Mehrsprachigkeit auch, um künstlerisch zu experimentieren. In der ersten Inszenierung "Preparadise Now" hat sie das Stück, inspiriert durch Radio Dryeckland, von fiktiven Moderatoren nacherzählen und dabei abwechselnd in der jeweils anderen Sprache zusammenfassende Übersetzungen sprechen lassen. Im nächsten Fassbinder-Stück wiederum ließ sie die Übertitelung ein Eigenleben entwickeln. Kann man dem Publikum zumuten, nicht alles übersetzt zu bekommen, nicht alles zu verstehen? Auch das war am Mittwoch eine viel diskutierte Frage. Ja!, meinten einige, denn im Theater gehe es ja nicht nur um den Text.

Das Gastspiel "No(s) révolution(s)" am Mittwochabend im Carreau zeigte dann leider eher, wie man es nicht machen sollte: Endlose, erschlagende Monologe auf Französisch und zu wenig Aktion, die Passagen auf Deutsch und Portugiesisch wirkten unmotiviert - und dann geriet auch noch Übertitelung häufig in Verzug.

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