Komplett vergeigt

Saarbrücken. Seit Oktober 2010 ließ sich, so hört man es aus den Reihen der Saarbrücker Musikhochschule (HfM), auf Youtube ein Interview mit dem so genannten Teufelsgeiger David Garrett (Foto: ver) abrufen, in dem dieser mitteilte, dass er an der HfM bald eine Professur erhalten werde

Saarbrücken. Seit Oktober 2010 ließ sich, so hört man es aus den Reihen der Saarbrücker Musikhochschule (HfM), auf Youtube ein Interview mit dem so genannten Teufelsgeiger David Garrett (Foto: ver) abrufen, in dem dieser mitteilte, dass er an der HfM bald eine Professur erhalten werde. Erst gut vier Monate später wurde jedoch an der Hochschule selbst ruchbar, dass Rektor Thomas Duis seit längererm über ein Engagement Garretts in Saarbrücken verhandelte. Ohne die Gremien der Hochschule (außer dem Kanzler der HfM und deren Prorektor) je informiert zu haben. Geschweige denn die unmittelbar betroffenen drei Violinprofessoren. Diese "miserable Kommunikationspolitik" - wie HfM-Student Lorenz Blaumer formuliert, der seit Februar den studentischen Protest gegen Garrett maßgeblich initiierte - dürfte der eigentliche Anfang vom Ende der Pläne Duis' gewesen sein. Der Senat der HfM lehnte diese nun mit großer Mehrheit ab.Garrett sollte 2012 und 2013 jeweils zwei Mal im Jahr Musikmanagement-Workshops an der HfM abhalten und im Gegenzug (außer einer aus Sponsorenmitteln zu erbringenden finanziellen Aufwandsentschädigung) von Kulturminister Rauber ehrenhalber einen Professorentitel verliehen bekommen. Dieser Titel war es, der den Geiger lockte. Thomas Duis aber hatte, wie er gestern erneut eingestand, "die ablehnende Reaktion bei uns so nicht erwartet". Sehr schnell jedoch erwies sich der in seichten Popgewässern fischende Stargeiger als Reizfigur, die enorm polarisierte. Umsonst war alles Werben von Duis, dass Garretts musikalische Crossover-Unternehmungen als Phänomen für die HfM lehrreich sein könnten. Nun versucht der Rektor seinem Scheitern etwas Gutes abzugewinnen. Es sei eine notwendige Diskussion in Gang gesetzt worden: "Wir müssen uns Veränderungen im Musikbereich stellen." Garrett scheint dafür aber ganz der Falsche gewesen zu sein. cis

Meinung

Duis' unnötige Niederlage

Von SZ-RedakteurChristoph Schreiner

Seit der Schließung der Schauspielabteilung vor zehn Jahren gab es keinen solchen Aufruhr an der Musikhochschule. Der mit überwältigender Mehrheit erfolgte Senatsbeschluss, ein Engagement von David Garrett abzulehnen, ist eine ebenso bittere wie unnötige Niederlage für Rektor Thomas Duis. Eine frühe Einbindung der Lehrenden und Studenten hätte verhindert, dass seine Erfolge als Rektor seit 2004 nun zurücktreten. Eine Hinterzimmerpolitik löste das Debakel aus. Studenten und Professoren verschließen sich nicht der Öffnung der HfM für Musikmanagement-Fragen. Sondern einem PR-Coup, von dem Garrett (über den Professorentitel) wohl mehr profitiert hätte als die HfM. Die klischeehafte Verkaufsmasche eines Stars, hinter dem nicht wenige einen anspruchslosen Musiker erkennen, war es ihnen nicht wert, Teil der Lehre zu werden.

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