Jedem Schauspieler die passende Musik

Saarbrücken · Komponiert er für das Theater, geht Oliver Truan den Weg der Reduktion. Das beweist das Mitglied der Klezmergruppe „Kolsimcha“ mit seinen Kompositionen für „Die Vögel“. Die Komödie feiert am Samstag ihre Premiere.

 Oliver Truan schreibt die Musik auf die Darsteller zu. Foto: Kerstin Krämer

Oliver Truan schreibt die Musik auf die Darsteller zu. Foto: Kerstin Krämer

Foto: Kerstin Krämer

Für die Schauspielbühne tastet er sich quasi im Ausschlussverfahren vor: Olivier Truan, Gründungsmitglied der weltweit renommierten Schweizer Klezmergruppe "Kolsimcha", komponiert fürs Saarländische Staatstheater (SST) die Musik zu Aristophanes' Komödie "Die Vögel" und übt sich dabei in der Kunst des Weglassens. Regie führt Thomas Schulte-Michels, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet und von Truan "Schumi" genannt wird.

Beide wohnen in Basel und sind ein eingespieltes Team, arbeiten jetzt zum zwölften Mal zusammen und haben am SST schon bei Gogols "Revisor" und Schillers "Räubern" kooperiert. Schulte-Michels war es auch, der bei Truan vor Jahren erstmals wegen Musik zu einer Bühnenproduktion angeklopft hatte. Seither ist der Pianist, Komponist und Sounddesigner als Notenlieferant und musikalischer Leiter für Theater, Ballett und Musical an vielen deutschen und eidgenössischen Häusern gefragt. Ein Vielseitiger: Truan tourte mit diversen Jazz-Größen, seine Samples wurden von Stars wie Elton John genutzt, und er komponiert auch Filmmusik und klassische Werke: Gerade hat sich der 55-Jährige einen Lebenstraum erfüllt und mit Kolsimcha und dem London Symphony Orchestra eine CD in den legendären Londoner Abbey Road Studios eingespielt.

Zur Komödie von Aristophanes hatte Truan bereits 2007 für Schulte-Michels' Inszenierung am Staatstheater Karlsruhe die Musik beigesteuert, die Kostüme besorgte auch damals schon Tanja Liebermann. In Saarbrücken soll nun dennoch keine simple Wiederaufnahme zu sehen sein: Allein die Musik sei komplett neu, weil Schulte-Michels den Stoff nun schroffer, direkter behandle, erzählt Truan. Und weil das Ensemble ein anderes sei, denn Truan komponiert gern typgerecht: "Ich schreibe Songs erst, wenn ich die Schauspieler gesehen habe." Eben diese Songs aus der Karlsruher Version aber hätten nun nicht mehr zur SST-Fassung gepasst und seien daher eliminiert worden. Gesungen werde zwar immer noch, aber spontaner, ohne Liedform. Stattdessen setzt Truan auf eine durchgehende, "unmerkliche Musik" - "extrem diskrete" Klänge, die auf unbewusste, sublime Art Emotionen wecken sollen. Eine für Truan reizvolle Vorgehensweise, weil sie sich grundlegend von seiner sonstigen Arbeit, als Live-Musiker etwa, unterscheidet. Die Methode birgt natürlich einen gewissen Zeitdruck: Das meiste komponiert Truan aktuell vor Ort und spielt es im Hotelzimmer am Keyboard ein.

Premiere am Samstag im Saarbrücker Staatstheater, 19.30 Uhr. Karten unter Telefon (06 81) 3 09 24 86.

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