Hoffen, dass die Mischung stimmt

Venedig · George Clooney eröffnet als Astronaut in „Gravity“ das 70. Filmfestival in Venedig. Der deutsche Regisseur Edgar Reitz zeigt „Die andere Heimat“, außerdem gibt es Neues von Terry Gilliam und Paul Schrader. Am Mittwoch geht es los.

Am Abend des 6. August 1932 wurde auf der Terrasse des Edelhotels Excelsior eine Verfilmung von "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" gezeigt - und damit ein Stück Filmgeschichte geschrieben. Damals wurde schließlich nicht nur das Filmfestival von Venedig gegründet. Es fand auch das erste Filmfestival überhaupt statt, das selbst acht Jahrzehnte später neben Cannes und Berlin immer noch zu den drei wichtigsten der Welt zählt. Und das, obwohl die betagte Festivaldame zuletzt etwas ins Straucheln geriet: Der große Neubau des Festivalpalasts wurde nach Asbestfunden an der Baustelle versenkt. Und das zeitnah stattfindende Filmfestival von Toronto wuchs mit der Zeit zur großen Konkurrenz, wenn es darum geht, Hollywood-Prominenz aufs Festival zu holen.

Doch in Venedig will man trotz dieser und manch anderer Baustelle unbeirrt an die Zukunft glauben. "Future Reloaded" heißt zumindest die trotzig betitelte Kurzfilmkompilation, mit der - aufgrund zwei ausgefallener Ausgaben erst in diesem Jahr - die 70. Ausgabe gefeiert wird. 70 ein- bis anderthalb Minuten lange Filme von 70 Filmemacherinnen und Filmemachern, die Teil vergangener Festivals waren, sind zu diesem Anlass entstanden. Regiegrößen wie Abbas Kiarostami oder der diesjährige Jury-Präsident Bernardo Bertolucci stehen neben unbekannteren Talenten des Weltkinos. "Auf diese Weise geben sich die Vergangenheit und Zukunft des Kinos auf symbolische Weise die Hände - in einer Ausgabe des Festivals, die mit der Überzeugung in die Zukunft schaut, dass die Mission noch nicht erfüllt ist", ließ der Mostra-Chef Alberto Barbera etwas blumig verlauten. Die Fortsetzung dieser Mission führt zum Auftakt ins Weltall: mit Alfonso Cuarons Science-Fiction-Thriller "Gravity" mit George Clooney, der damit seine Romanze mit dem fortsetzt - diesmal mit Sandra Bullock an seiner Seite, als havarierte Astronautin.

20 Filme konkurrieren um den Goldenen Löwen, rund die Hälfte stammt aus Europa, einige kommen aus den USA, und wenige Schlenker nach Asien gibt es auch. Es ist eine vielseitige Mischung: Kunstkino trifft auf Genrefilme, Spielfilme stehen neben zwei Dokumentationen und einem Zeichentrickfilm - "Kaze Tachinu" des japanischen Animationsmeisters Hayao Miyazaki.

Deutschland ist so präsent wie seit Jahren nicht mehr. Philip Gröning, der zuletzt für seine Kloster-Dokumentation "Die große Stille" 2005 mehrfach ausgezeichnet wurde, tritt mit seinem Familiendrama "Die Frau des Polizisten" an. Die Beiträge reichen bis in die Nebenreihen: Edgar Reitz, Regisseur des "Heimat"-TV-Klassikers, verlegt sich ins Kino und zeigt sein episches, vierstündiges Drama "Die andere Heimat" außer Konkurrenz. Rick Ostermanns Debüt "Wolfskinder" hingegen hat einen Premierenplatz in der Sektion Orrizonti. Und Martina Gedeck ist in diesem Jahr in der Jury.

Natürlich werden aber auch in diesem Jahr einige Stars nach Venedig schippern: Schauspielerin Lindsay Lohan hat es trotz diverser Eskapaden und Gerichtsverhandlungen auch mal wieder an einen Filmset geschafft und taucht nun mit Pornostar James Deen für Paul Schraders "The Canyons" in Venedig auf - allerdings außerhalb des Wettbewerbs. Der Kinofantast Terry Gilliam bringt seine Sci-Fi-Dystopie "The Zero Theorem" mit Christoph Waltz und Matt Damon in die Lagunenstadt. Der hyperproduktive Schauspieler James Franco ist nach Berlin und Cannes nun auch in Venedig, um mit "Child of God" eine weitere Regiearbeit vorzustellen. Scarlett Johansson ist als verführerische Außerirdische in Jonathan Glazers "Under the Skin" zu sehen. Wie viel Kino-Zukunft in dieser Auswahl steckt, werden die elf Tage des Festivals zeigen.

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