Gewerkschaft setzt Parteien in der Energiepolitik unter Druck

Hannover. Der Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, hält das Ende des Bergbaus in Deutschland und an der Saar für falsch

Hannover. Der Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, hält das Ende des Bergbaus in Deutschland und an der Saar für falsch. Das Land mache sich ohne Not abhängig von internationalen Entwicklungen auf den Energiemärkten und setze sich der Gefahr von Versorgungsengpässen aus, obwohl man noch über eine sichere nationale Energiequelle verfüge, sagte Vassiliadis auf der Jahrespressekonferenz der Gewerkschaft in Hannover anlässlich des Barbaratages.Es sei zudem ein Treppenwitz, dass man an der Saar über Steinkohlekraftwerke verfüge, jetzt jedoch die Kohle zur Versorgung dieser Standorte für teures Geld aus Kolumbien und anderen Ländern auf dem Seeweg importieren müsse.

Eines sieht Vassiliadis jedoch auf gutem Weg: die Bemühungen der RAG Stiftung, die entstehenden Kosten durch die Bewältigung der Folgekosten aus dem Bergbau (Ewigkeitslasten) zu stemmen. Mit der beschlossenen Personalie in Form von Werner Müller an der Spitze der Stiftung, dem ehemaligen Bundes-Wirtschaftsminister und langjährigen Chefs der RAG beziehungsweise Evonik, seien die Weichen richtig gestellt. Durch Investitionen und Innovationen im Unternehmen werde genug Geld zusammenkommen, damit auf die vom Bergbau betroffenen Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland keine unvorhersehbaren finanziellen Belastungen zukommen.

Der Stand der Energiewende alarmiert unterdessen den Gewerkschaftschef. Diese sei derzeit an vielen Stellen nicht durchdacht. Den Parteien traut Vassiliadis vor den Bundestagswahlen im September 2013 nicht mehr den Mut zu, eine "grundlegende Neuorientierung in der Energiewende" zu vollziehen, die dringend notwendig sei. Deshalb werde die IG BCE "im Frühjahr 2013 ein eigenes Konzept für einen neuen Strommarkt vorlegen", kündigte Vassiliadis an. Dies solle auch zu einem Prüfstein für die Parteien im Bundestagswahlkampf werden, inwieweit diese bereit sind, Bausteine der Energiewende dahingehend zu verändern, dass die Belastungen zur Finanzierung erneuerbarer Energien gerechter verteilt werden. Es könne nicht sein, dass sich die Energiewende vorrangig in Form steigender Strompreise bemerkbar mache. Das Finanzierungs-System der Energiewende müsse auf andere Grundlagen gestellt werden. Dazu gehöre, es stärker steuerbasiert auszurichten, was zu einer gerechteren Verteilung der Lasten führe. Denn dann zahlten Vermögende mehr in die Finanzierung der Energiewende ein. "Heute entfällt der Löwenanteil der Lasten auf die finanziell Schwachen in der Gesellschaft", so Vassiliadis.

Unter diesen Bedingungen stehe die Akzeptanz der Energiepolitik spätestens dann auf dem Spiel, wenn sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechtert. In der Anfangszeit seien Mechanismen wie das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das die Solarenergie stark fördert, noch sinnvoll gewesen. Mittlerweile führe dies jedoch zu bestimmten Zeiten zu einer Überversorgung in den Stromnetzen. Kohle- und Gaskraftwerke müssten dann abgeschaltet werden und würden Verluste produzieren. Das könne nicht der Weisheit letzter Schluss sein. ts

Foto: dpa

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