Die Ehe ist eine Doppelfuge

Saarbrücken. Ganz schön turbulent ist sie, diese Ehe des preußischen Hofkapellmeisters Richard Strauss, wenn man seiner eigenen Darstellung in der "Sinfonia Domestica" glauben darf. Was in der Partitur "gemächlich" und "träumerisch" beginnt, wird bald "feurig", schließlich "sehr heftig" und mündet in eine überladene Doppelfuge

Saarbrücken. Ganz schön turbulent ist sie, diese Ehe des preußischen Hofkapellmeisters Richard Strauss, wenn man seiner eigenen Darstellung in der "Sinfonia Domestica" glauben darf. Was in der Partitur "gemächlich" und "träumerisch" beginnt, wird bald "feurig", schließlich "sehr heftig" und mündet in eine überladene Doppelfuge.Diesem großbürgerlich-behaglichen Ausbreiten von Familienidyll, Ehekrach und Liebesleben, "die Öffnung von Küche, Wohn- und Schlafzimmer für jedermann", wie Romain Rolland das ironisierte, stellten Toshiyuki Kamioka und sein Staatsorchester gestern Morgen in der Congresshalle den um 20 Jahre gealterten Komponisten gegenüber: "Der Bürger als Edelmann", nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges der sehnsüchtige Rückblick auf die angeblich so "gute alte Zeit", die Strauss durch barockes Kostüm und Rückgriff auf 250 Jahre alte Themen zu beschwören versuchte. Mit der ihm eigenen Virtuosität natürlich, mit Eleganz und Humor, der die Ausführenden hörbar ansteckte.Doch dieses für die Zuhörer so vergnügliche Konzert war für Dirigent und Orchester eine Herausforderung. Denn so wie die dichte Instrumentierung, der Stimmführungs-Dschungel und die witzigen Selbstzitate der "Domestica" ständiges Ausbalancieren verlangen, so fordert die ursprüngliche Molière-Bühnenmusik glasklare Durchsichtigkeit und ironische Leichtigkeit. Beide Welten wurden in Kamiokas Darstellung lebendig. Das glänzend disponierte Orchester konnte eine doppelseitige Visitenkarte abgeben: sinfonische Fülle und kammermusikalische Transparenz, mit zahlreichen guten Soli gewürzt (an der Spitze Solovioline und ein meisterliches Solocello). Lebhafter Beifall. bü

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