Der große Spagat

Saarbrücken. "Wenn ich zu viel darüber nachdenke, bekomme ich nur Bauchschmerzen." Die isländisch-luxemburgische Musikerin Thorunn, bürgerlicher Nachname Schoos Egilsdottir, hat gerade das Album "The Jar" herausgebracht - auf eigene Kosten in London aufgenommen, ohne Plattenfirma im Rücken, ohne Management, ohne Vertrieb

 Sängerin Thorunn. Foto: SZ

Sängerin Thorunn. Foto: SZ

Saarbrücken. "Wenn ich zu viel darüber nachdenke, bekomme ich nur Bauchschmerzen." Die isländisch-luxemburgische Musikerin Thorunn, bürgerlicher Nachname Schoos Egilsdottir, hat gerade das Album "The Jar" herausgebracht - auf eigene Kosten in London aufgenommen, ohne Plattenfirma im Rücken, ohne Management, ohne Vertrieb. Ein teurer Spaß, auch wenn der britische Produzent und die Musiker mit weniger Gage als üblich zufrieden waren und nun am Verkauf der CD beteiligt sind. Die ist jetzt auf Thorunns Internetseite zu haben, zum Herunterladen bei ITunes und muss ersteinmal einige Exemplare verkaufen, um aus den roten Zahlen zu kommen.

Warum dieser Weg? "Ich wollte weniger Druck, weniger Kommerz", sagt die 35-Jährige. Bei ihrem ersten Album habe sie noch ein Management gehabt, beim zweiten noch sporadisch, jetzt beim dritten gar nicht mehr. "Ich habe mich komplett davon befreit." Nun hört man das Lobpreisen von völliger Eigen-Regie oft auch von Künstlern, die bei Plattenfirmen vergeblich Klinken putzen und anschließend die finanzielle Not zur künstlerischen Tugend erheben. Bei Thorunn liegt der Fall anders, hat sie zumindest in Luxemburg seit 2003 einige Hits gehabt und ist dort eine Bekanntheit: früher als Moderatorin der Sendung "RTL Boulevard", als schreibende Lifestyle-Expertin im Magazin "Telécran" und auch als Schauspielerin - in "La revanche" von Andy Bausch etwa und zuletzt im Luxemburger Filmpreis-Gewinner "House of boys" von Jean-Claude Schlim (ab 2. Dezember im Saarbrücker Filmhaus). "Das waren kleine Rollen und eher Zufälle", sagt Thorunn, "man hat mich halt gefragt. Bei einem Casting war ich nie - ich hätte immer Angst, nicht gut genug zu sein."

Neben der Musik moderiert sie im Moment eine Luxemburger Radiosendung, in der sie CDs abseits des Gängigen spielt, auch "guten Pop - das ist ja keine leichte Sache". Ihr Brotberuf zurzeit ist das Moderieren von Veranstaltungen, "sonst könnte ich finanziell gar nicht überleben". Ein Spagat, den sie schwierig findet und "ein bisschen schizophren" dazu. Denn anders als auf der Bühne mit eigener Musik trage sie als Moderatorin stets eine Maske. "Ich habe für diese Jobs eine neue Person erfunden - auf Knopfdruck bin ich sehr selbstsicher, was mir sonst eher widerspricht." Eine Maskierung, die ihr als Musikerin nicht gelingt. "Die ersten drei Stücke sind eine Tortur, da fühle ich mich wie ein Wurm. Dass wir zu neunt auf der Bühne stehen, hilft sehr."

Zwei Jahre hat sie am Album gearbeitet, vom ersten Stückeschreiben bis zum Entwerfen der CD-Hülle. Das Ergebnis ist ein zartes, luftiges Pop-Chanson-Album mit der sehr beweglichen, manchmal an Kate Bush erinnernden Stimme Thorunns, geschult in Reykjavik Ende der 90er Jahre. Emilia Torrini (Nr.1-Hit "Jungle Drum") besuchte zur gleichen Zeit die Gesangsschule - "eine sehr nette Person".

"The Jar" hat sie komponiert und eingespielt mit ihrem Mann Thomas Schoos ("wir haben uns zwischendurch fast umgebracht"). Wegen ihm reist sie zwischen Luxemburg und Berlin hin und her. Ein Pendeln voller Kontraste, zwischen "dem süßen, überschaubaren Naturschmuckstück" Luxemburg und der Stadt, in der die "Vielseitigkeit triumphiert". Die Vorteile der jeweiligen Orte? "In Berlin sind die Leute sehr locker." Und in Luxemburg? "Da fühlt man sich sicher."

Konzert: Mittwoch, 8. Dezember, 20.30 Rockhal (Luxemburg).

Internet: www.thorunn.net

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