Der Druck von innen

Saarbrücken. "Ich schreie die Scheiße der anderen raus", sagt er. Hören und sehen kann man das immer mal wieder, in und um Saarbrücken: Wenn Daniel Schäfer vom Fahrrad steigt, der ganzen Welt brüllend zu zürnen scheint, aber aus seiner Sicht nur die dunklen Gedanken seiner Gegenüber herausschreit

 Daniel Schäfer in seiner Wohnung in Brebach. Foto: Conrath

Daniel Schäfer in seiner Wohnung in Brebach. Foto: Conrath

Saarbrücken. "Ich schreie die Scheiße der anderen raus", sagt er. Hören und sehen kann man das immer mal wieder, in und um Saarbrücken: Wenn Daniel Schäfer vom Fahrrad steigt, der ganzen Welt brüllend zu zürnen scheint, aber aus seiner Sicht nur die dunklen Gedanken seiner Gegenüber herausschreit. Man könnte ihn als "Original" bezeichnen, aber das würde die Tragik in seinem Furor verkennen.

Didi Conrath, Musiker (Captain Sperrmüll) und Filmemacher, hat ein Porträt über Schäfer gedreht, "Schrei nach Farbe", in dem er ihn aus seiner traumatischen Biografie erzählen lässt: vom prügelnden und trinkenden Vater, vom prügelnden neuen Freund der Mutter, vom Leben in mehreren Heimen und der Sonderschule, die er nach der siebten Klasse abbricht. Schäfer erzählt knapp, mit spürbar hohem inneren Druck; im Wechsel dazu berichtet die Schauspielerin Alice Hoffmann von ihm - für Schäfer "eine der drei Hauptpersonen" in seinem Leben (ebenso wie die Mutter und die Katze). Sie ist Schäfers Lebensgefährtin und erzählt von einer spät diagnostizierten Form des Autismus.

Alkohol, Gewalt und Gefängnis nach kurzer Einbrecherkarriere steuern den Lebenslauf in eine fatale Richtung. Doch in der Einzelzelle findet Schäfer, als hätte das Leben ein Kunstklischee imitiert, zur Malerei - und damit erstmals zu einer Art Ruhe. Braebys wird sein Künstlername, und der Autodidakt malt so expressiv und intensiv, wie er auch Tagebücher füllt (bisher 800) und durch die Welt radelt (eine halbe Million Kilometer in 15 Jahren).

Conraths knapp einstündiger Film zeigt Braebys in seiner Brebacher Wohnung, deren Wände mit Bildern des Sonnensystems behängt sind, bei der Erstellung eines begeh- und befahrbaren Gemäldes in Kusel und einer Ausstellung in Bonn. Die Kuratorin dort kennt die Ausbrüche des Künstlers: Sie findet ihn ebenso beunruhigend wie begeisternd, "es liegt dann an der eigenen Verfassung, welcher Eindruck überwiegt". "Schrei nach Farbe" kommt Schäfer/Braebys so nahe, wie dieser es zulässt, beobachtet ihn mit Interesse und Anteilnahme, stellt ihn aber nicht als tragischen Exoten aus - sondern zeigt ihn als Mensch, der einen vorgezeichneten Weg verlassen und einen anderen eingeschlagen hat. Zentral dabei ist die Beziehung zu Alice Hoffmann, von der der Film berührend, aber nicht sentimental erzählt. Es wird klar, wie schwer das Alles sein kann - und auch wie schön. tok

 Daniel Schäfer in seiner Wohnung in Brebach. Foto: Conrath

Daniel Schäfer in seiner Wohnung in Brebach. Foto: Conrath

Termin: Freitag, 20 Uhr, Kino Achteinhalb (Sb); Didi Conrath spricht danach über seinen Film.

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