Brüssel schafft mächtige Finanzaufsicht

Brüssel. Es ist der entscheidende Schritt, um nie wieder von einer Bankenkrise kalt erwischt zu werden: Die europäische Finanzmarkt-Kontrolle steht. Am 1. Januar 2011 müssen die nationalen Aufseher wie die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einen Teil ihrer Macht abgeben

Brüssel. Es ist der entscheidende Schritt, um nie wieder von einer Bankenkrise kalt erwischt zu werden: Die europäische Finanzmarkt-Kontrolle steht. Am 1. Januar 2011 müssen die nationalen Aufseher wie die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einen Teil ihrer Macht abgeben. Nach jahrelangem Streit steht seit gestern Morgen fest: In Frankfurt entsteht die neue Behörde für Versicherungsaufsicht (Eiopa), in London lässt sich die Banken-Kontrolle (Eba) nieder. In Paris errichtet die EU die Überwachung für den Wertpapiermarkt (Esma). Ob diese Dreiteilung funktioniert, soll 2013 geprüft werden. Der Rechtsexperte der konservativen Fraktion im Europäischen Parlament, Klaus-Heiner Lehne: "Das ist die Konsequenz aus der Vergangenheit mit rund 54 nationalen Aufsichtsbehörden in Europa." Die Kontrolleure in den Mitgliedstaaten bleiben für alle jene Häuser zuständig, die ausschließlich innerhalb der eigenen Grenzen tätig sind. International agierende Großbanken und Versicherungen aber werden von den neuen EU-Agenturen kontrolliert, die im Krisenfall eingreifen und - zumindest zeitweise - riskante Papiere verbieten dürfen. Die Finanzminister der EU, die einmal monatlich im Ministerrat Ecofin zusammenkommen, entscheiden, ob eine Krise vorliegt oder nicht. Dabei wird mit qualifizierter Mehrheit abgestimmt, so dass kein Land mit seinen Stimmen ein Veto beispielsweise für Maßnahmen gegen ein eigenes Institut einlegen kann. Vor allem das EU-Parlament hatte auf diesen Weg gedrängt, weil man befürchtete, dass die Mitgliedstaaten im Krisenfall vielleicht nicht objektiv abstimmen würden. Die neuen Aufseher bekommen weitreichende Befugnisse. Sie können an den nationalen Kontrollbehörden vorbei Anweisungen geben, wenn eine Bank ins Straucheln gerät. Belgiens Finanzminister Didier Reynders, der als amtierender Ratspräsident dem Kreis der 27 Kassenwarte vorsitzt: "Das ist unsere wichtigste Entscheidung seit der Finanzkrise." Trotzdem gab es bis zuletzt heftigen Widerstand. Vor allem Deutschland und Großbritannien wehrten sich gegen eine allzu uneingeschränkte Macht der neuen Kontrollorgane. Man wollte verhindern, dass die Aufseher bei einer Rettungsaktion Maßnahmen verordnen, die am Ende aus den Haushalten der Mitgliedstaaten bezahlt werden müssten. Nun hat man einen Kompromiss vereinbart: Die künftigen Aufseher dürfen keine Regierung zwingen, Steuergelder zur Sanierung taumelnder Banken einzusetzen. Ein Knackpunkt, wie man selbst im EU-Parlament zugibt, wo man sich für eine starke europäische Lösung eingesetzt hatte. "Wenn ein Land einfach Nein zur Rettung sagt, obwohl ein Institut schon schwankt, haben wir auch künftig nichts in der Hand", hieß es in Verhandlungskreisen.Frühwarnsystem Um solche Situationen möglichst schon im Vorfeld zu vermeiden, wird die Europäische Zentralbank (EZB) um ein Frühwarnsystem erweitert: Der so genannte "Rat für Systemrisiken" soll die langfristigen Trends auf dem Finanzmarkt überwachen und Brüssel sowie den Mitgliedstaaten frühzeitig Hinweise auf mögliche Gefahren geben. Unter der Führung des EZB-Präsidenten will man so verhindern, dass die Gemeinschaft Anzeichen einer neuen Krise übersieht.

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