Bei der Steuer geht's nicht auf die schlichte Tour

Berlin. "Mehr Netto vom Brutto" - mit diesem Schlachtruf waren Union und FDP 2009 gemeinsam in den Bundestagswahlkampf gezogen. Ähnliches dürfte dieses Jahr von den Partnern nicht zu hören sein. Denn die Koalition ist in Steuerfragen noch weit entfernt von einer Linie

Berlin. "Mehr Netto vom Brutto" - mit diesem Schlachtruf waren Union und FDP 2009 gemeinsam in den Bundestagswahlkampf gezogen. Ähnliches dürfte dieses Jahr von den Partnern nicht zu hören sein. Denn die Koalition ist in Steuerfragen noch weit entfernt von einer Linie. Angela Merkel fuhr ihrem Bündnispartner gestern sogar offen in die Parade: Beim Thema Absenkung des Soli ist die Kanzlerin nicht gesprächsbereit. "Sie teilt die Meinung des Bundesfinanzministers", stellte ihr Sprecher Steffen Seibert klar. Wolfgang Schäuble hatte am Wochenende die liberale Forderung nach stufenweiser Reduzierung des Solidaritätszuschlags strikt abgelehnt.Allerdings dürfte Merkel auch ein Vorstoß aus dem eigenen Lager nicht amüsiert haben: der Ruf von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nach Anhebung des Spitzensteuersatzes. Dafür wurde die Saarländerin gestern von der Spitze der Unionsfraktion gerüffelt: Offenbar verbringe sie als Chefin einer großen Koalition zu viel Zeit mit ihren SPD-Kollegen, spottete Fraktionsvize Michael Fuchs gegenüber der SZ. "Sie müsste wissen, dass sie damit voll den Mittelstand trifft. Das geht nicht."

Bleibt die Frage, womit die Parteien beim Steuerthema nach jetzigem Stand eigentlich punkten wollen. Was die Union betrifft, ist das noch weitgehend unklar - das Wahlprogramm wird zurzeit erarbeitet. Einhellig lehnen CDU und CSU aber Steuererhöhungen ab, sind gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Festhalten will man an der Abgeltungsteuer, die Kapitalerträge pauschal belastet und damit Besserverdienende bevorteilt.

Die Liberalen wollen nicht mehr nur schlicht mit "Steuern runter" werben. Neben der Reduzierung des Soli streben die Liberalen erneut eine Reform des Einkommen- und des Unternehmensteuerrechts an. Während Ausnahmeregelungen durchforstet werden sollen, wollen die Liberalen Pauschalen weiter anheben. Alle zwei Jahre soll zudem der Einkommensteuertarif angepasst werden, um schleichende Steuererhöhungen durch die Kalte Progression zu verhindern. Ähnliches strebt auch Finanzminister Schäuble an.

Die SPD ist beim Steuerthema schon weiter als die Koalition. Die Genossen wollen die Vermögensteuer wieder einführen, der Spitzensteuersatz soll ab einem Jahreseinkommen von 100 000 Euro auf 49 Prozent steigen. Nach Angaben von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück würde sich das ab einem Monatseinkommen von rund 6000 Euro bemerkbar machen. Bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 64 000 Euro bei Alleinstehenden und 128 000 Euro bei Verheirateten bleibe es aber beim bisherigen Tarif. Die SPD will zudem die Abgeltungsteuer auf private Kapitaleinkünfte von 25 auf 30 Prozent erhöhen.

Für die Grünen ist die Einführung einer befristeten, zweckgebundenen Abgabe für Vermögen von mehr als einer Million Euro zentral, zudem wollen sie die Erbschaftsteuer erhöhen. Außerdem verlangt die Partei ebenso wie die SPD einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent; allerdings schon bei einem Jahresverdienst, der über 80 000 Euro liegt.

Die Linke will vor allem bei Millionären hinlangen - deren Einkommen soll mit 75 Prozent besteuert werden. Außerdem fordert die Partei, eine einmalige Abgabe auf Vermögen von mehr als einer Million Euro einzuführen.

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