SPD legt sich mit Kramp-Karrenbauer an

Saarbrücken · Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer ist nun gegen Steuererhöhungen – dabei will die große Koalition im Bundesrat genau dafür eintreten. Die SPD ist stocksauer und will sich das „nicht bieten lassen“.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer führt eine große Koalition, die den Spitzensteuersatz erhöhen will. Foto: Maurer

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer führt eine große Koalition, die den Spitzensteuersatz erhöhen will. Foto: Maurer

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Es war eine Frage der Zeit, bis es in der Spitze der großen Koalition im Saarland zum ersten Mal richtig kracht. Man hätte erwartet, dass dieser Moment irgendwann im Bundestagswahlkampf kommt. Doch es dauerte. In einer gepfefferten Pressemitteilung wirft nun SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vor, sich aus Parteikalkül gegen höhere Steuern auszusprechen - und damit gegen den Koalitionsvertrag, gegen die Interessen des Landes und gegen ihre eigene Auffassung ("Hü und Hott") zu handeln. Dies sei "ein durchsichtiges Manöver der Ministerpräsidentin im Dienste der Kanzlerin, das wir nicht dulden werden", schrieb Pauluhn. Ein im CDU/SPD-Bündnis bislang einmaliger Vorgang. SPD-Generalsekretär Reinhold Jost legte kurz darauf im SR noch einmal nach: Entweder sei Kramp-Karrenbauer von Angela Merkel zurückgepfiffen worden oder sie habe "Angst vor dem eigenen Schatten". Seine Partei werde sich das "nicht bieten lassen". Der Linken-Politiker Heinz Bierbaum warf Kramp-Karrenbauer vor, das Saarland im Stich zu lassen. Bislang seien sich bei der Erhöhung des Spitzensteuersatzes im Land doch im Grundsatz alle einig gewesen.

Die Vorgeschichte: Die Ministerpräsidentin hatte am Montag vor Journalisten die Position der Bundes-CDU gegen Steuererhöhungen unterstützt. "Das ist eine klare rote Linie", die vom Parteipräsidium (dem sie selbst angehört) "einhellig" mitgetragen werde, sagte Kramp-Karrenbauer. Deshalb könnten Steuererhöhungen auch kein Thema in den Gesprächen mit der SPD sein: "In einer Zeit, in der wir die sprudelndsten Steuereinnahmen generell in Deutschland hatten, stellt sich aus meiner Sicht die Frage nach Steuererhöhungen nicht." Diese Meinung habe sie auch im Wahlkampf vertreten.

In der Tat hatte sie mehrfach betont, angesichts der hohen Steuereinnahmen seien höhere Steuern "momentan" verzichtbar. Allerdings bekräftigte sie im Wahlkampf - entgegen der offiziellen Linie der Bundespartei - gleichzeitig auch ihre Sympathie für einen höheren Spitzensteuersatz, ohne einen Zeitpunkt dafür zu nennen. So warf sie noch am 5. September im Sender n-tv die rhetorische Frage auf, ob die Absenkung des Spitzensteuersatzes zur rot-grünen Regierungszeit von 53 auf 42 Prozent "der Weisheit letzter Schluss" ist.

Ihre Linie in der Steuerpolitik hatte die CDU-Landeschefin am 23. März in einem bundesweit vielzitierten Interview im Deutschlandradio umrissen, als sie die rot-grüne Absenkung des Spitzensteuersatzes für "überzogen" erklärte: "Insofern wäre aus meiner Sicht eine Anhebung bis zum damaligen Level auch noch einmal möglich" - unter der Bedingung, dass es für die mittelständische Wirtschaft keine Belastungen geben dürfe.

Vom Image als bundesweite Linksaußen der CDU lebte Kramp-Karrenbauer fortan ganz gut. Es half ihr auch in der großen Koalition im Saarland, in der Union und SPD im Frühjahr 2012 vereinbart hatten, im Bundesrat "auch Initiativen zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes" zu ergreifen - wiederum mit der Einschränkung für den Mittelstand. Mit Detailberechnungen beauftragte die Koalition Wirtschaftsforscher aus Essen (siehe Hintergrund).

Zum Thema:

HintergrundEin vom Saar-Finanzministerium in Auftrag gegebenes Konzept zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes liegt dem Ressort seit kurzem vor. Wie der SZ bestätigt wurde, werten Steuer- und Haushaltsexperten des Ministeriums die Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) derzeit aus. Das Modell soll laut Koalitionsvertrag den Mittelstand von Belastungen verschonen. Als nächstes sollen noch offene Fragen mit dem Institut erörtert werden und die Ergebnisse in der großen Koalition dann beraten werden. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn fordert, die Studie "endlich" vorzulegen. "Wir können uns als Haushaltsnotlageland hier keine Verzögerungen mehr leisten." kir

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