Bundesgericht urteilt über Datenschutz Strenge Regeln zum Datenschutz für Videoüberwachung in Arztpraxis

Leipzig · Weniger Personal, mehr Videoüberwachung. Diese Tendenz ist fast überall festzustellen. Sogar beim Arztbesuch. Aber was darf per Kamera festgehalten werden und was nicht?

 Eine Wurzelbehandlung in einer Zahnarztpraxis. Symbolfoto.

Eine Wurzelbehandlung in einer Zahnarztpraxis. Symbolfoto.

Foto: dpa/Markus Scholz

Eine Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, die ungehindert betreten werden kann, unterliegt strengen Anforderungen an die datenschutzrechtliche Erforderlichkeit. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig klargestellt (Az.: 6 C 2.18).

Im konkreten Fall ging es um eine Zahnärztin. Ihre Praxis kann durch Öffnen der Eingangstür ungehindert betreten werden. Der Empfangstresen ist nicht besetzt. Die Ärztin hat zur Kontrolle oberhalb dieses Tresens eine Videokamera angebracht. Die aufgenommenen Bilder können in Echtzeit auf Monitoren angesehen werden, die in den Behandlungszimmern aufgestellt sind. Dieses Kamera-Monitor-System nahm die zuständige Landesdatenschutzbeauftragte unter die Lupe. Ergebnis: Die Datenschützerin verlangte von der Ärztin unter anderem, dass die Videokamera so auszurichten sei, dass der Patienten und sonstigen Besuchern zugängliche Bereich vor dem Empfangstresen, der Flur zwischen Tresen und Eingangstür und das Wartezimmer nicht mehr erfasst werden. Die Medizinerin wollte dies nicht hinnehmen. Nach einem erfolglosen Widerspruch klagte sie vor den Verwaltungsgerichten durch alle Instanzen. Ohne Erfolg.

Zuletzt hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision der Klägerin zurückgewiesen und dabei maßgeblich auf den Schutz der betroffenen Patienten abgestellt. Hierbei stützten sich die Richter allerdings nicht auf die seit 25. Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltende Datenschutz-Grundverordnung. Denn diese finde keine Anwendung auf datenschutzrechtliche Anordnungen, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem genannten Zeitpunkt erlassen worden sind. Entscheidungen, die vor diesem Stichtag getroffen wurden, werden also nicht nachträglich an diesem neuen EU-Regelungswerk gemessen. Das bedeute aber nicht, dass die Betroffenen schutzlos sind. Der Bundesgesetzgeber habe die Zulässigkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen vor dem 25. Mai 2018 nämlich durch das Bundesdatenschutzgesetz auch für private Betreiber abschließend geregelt.

Nach diesem Regelwerk setzte die Beobachtung durch ein Kamera-Monitor-System auch ohne Speicherung der Bilder voraus, dass diese zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Privaten erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Diese hohe rechtliche Hürde hat die Zahnärztin laut Bundesverwaltungsgericht nicht nehmen können. Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts habe sie bereits nicht dargelegt, dass sie für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen ist. Es bestünden auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die ihre Befürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt erscheinen lassen. Die Videoüberwachung sei auch nicht notwendig, um Patienten, die nach der Behandlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in Notfällen betreuen zu können. Schließlich seinen die Angaben der Ärztin, ihr entstünden ohne die Videoüberwachung erheblich höhere Kosten, völlig pauschal geblieben. So weit die Bundesrichter im Fall der Zahnärztin.

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