"CEO Fraud" Wenn der falsche Chef anruft

Wiesbaden · Im Internet gibt es über viele Unternehmen so genaue Informationen, dass Betrüger sich mit diesen als Geschäftsführer ausgeben und Firmengelder im Gesamtwert von bis zu einer Milliarde Euro entwenden konnten.

 Per Telefon oder E-Mail kontaktierten Betrüger Firmenmitarbeiter und brachten sie mit einem Trick dazu, hohe Geldsummen zu überweisen.

Per Telefon oder E-Mail kontaktierten Betrüger Firmenmitarbeiter und brachten sie mit einem Trick dazu, hohe Geldsummen zu überweisen.

Foto: picture alliance / Rolf Vennenbe/Rolf Vennenbernd

Dem Bundeskriminalamt (BKA) ist ein Schlag gegen internationale Firmenbetrüger gelungen, die mit der sogenannten Chef-Masche, auch „CEO Fraud“ (englisch für Geschäftsführer-Betrug) genannt, Unternehmen um Millionensummen gebracht haben. Nach gemeinsamen Ermittlungen mit weiteren Behörden seien in Israel sechs Verdächtige festgenommen worden, wie die Abteilung „Schwere und organisierte Kriminalität“ des BKA in Wiesbaden mitteilte.

Bei der Chef-Masche kontaktieren Täter per Telefon oder E-Mail Firmenmitarbeiter, meist aus der Buchhaltung, und geben vor, der Geschäftsführer zu sein. Um dies möglichst glaubwürdig vortäuschen zu können, informieren sie sich im Vorfeld im Internet, beispielsweise über die Firmenwebseite, soziale Medien oder im Netz öffentlich einsehbare Wirtschaftsberichte. Mit geschickten Lügen und technischen Tricks, wie etwa gefälschten E-Mail-Adressen, bringen sie die Angestellten dann dazu, Firmengeld ins Ausland zu überweisen. Dabei geben sie beispielsweise vor, dass sich Kontoverbindungen geändert hätten. Die Beute lande dann meist auf Konten in China, Hong Kong oder auch in osteuropäischen Ländern.

Das Phänomen „CEO Fraud“ falle der Polizei seit drei bis vier Jahren verstärkt auf, wie das BKA erklärt. Es rechne insgesamt mit einem Schaden von inzwischen bis zu einer Milliarde Euro. Die Dunkelziffer sei hoch, da manch betrogener Firmenchef sich aus Scham und Angst vor Rufschaden nicht bei der Polizei melde.

Im Visier der Betrüger seien laut BKA oft Mittelständler. Ein erfolgreicher Betrug um einen zweistelligen Millionenbetrag könne eine solche Firma leicht an die Grenzen ihres wirtschaftlichen Bestandes führen. Der BKA-Sachgebietsleiter für Wirtschaftskriminalität, Holger Kriegeskorte, bezeichnet die Chef-Masche als „gehobene Art des Enkeltricks“: Bei dieser Methode rufen Betrüger bei Senioren an und geben vor, ein Familienmitglied zu sein und dringend Geld zu brauchen. Will das ahnungslose Opfer finanziell aushelfen, gibt der Betrüger an, das Geld nicht persönlich abholen zu können und deshalb einen Freund vorbeizuschicken. Ähnlich wie bei der Chef-Masche werde den Opfern oft eingeschärft, mit niemandem über den Geldtransfer zu reden, da es sich um streng vertrauliche Informationen handele.

Die nun gefassten mutmaßlichen Betrüger sollen für einen Schaden von 175 Millionen Euro verantwortlich sein. Die Verdächtigen haben laut BKA überwiegend die französische und israelische Staatsbürgerschaft und den Millionenbetrug aus einer Wohnung in Tel Aviv heraus durchgeführt. Das BKA hat bei den Ermittlungen unter anderem mit den Landeskriminalämtern aus sieben Bundesländern, dem österreichischen Bundeskriminalamt und der israelischen Polizei zusammengearbeitet. Nach der Festnahme hätten 26 Millionen Euro der Beute wieder an die betrogenen Firmen zurücküberwiesen werden können.

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