Lieferdienste Der tägliche Einkauf per Bringdienst

SAARBRÜCKEN · Lebensmittel-Lieferdienste bringen bestellte Waren im Nu. Bislang ist das Angebot auf wenige Großstädte beschränkt.

 Neue Dienste liefern Lebensmittel innerhalb weniger Minuten an die Haustür – zu Preisen wie im Supermarkt.

Neue Dienste liefern Lebensmittel innerhalb weniger Minuten an die Haustür – zu Preisen wie im Supermarkt.

Foto: Getty Images/istock/AleksandarNakic

Nicht einmal fünf Minuten nach der Online-Bestellung steht ein Mitarbeiter des Lieferdienstes Gorillas mit einer großen braunen Papiertüte vor der Tür. „Hey there“, grüßt Alban, dessen Name kurz nach dem Bestellvorgang in der App aufgepoppt ist, freundlich auf Englisch. Die mit Milch, Früchten und Kaltgetränken gefüllte Tüte stellt er Corona-konform auf der Treppe ab; dann schwingt er sich schnell wieder auf sein E-Bike, um die nächste Bestellung auszuliefern. Schließlich ist das Zeitfenster knapp: Das Start-up wirbt mit einer Zustellung der Ware spätestens zehn Minuten nach Eingang des Auftrags.

Die Gorillas Technologies GmbH, die im Jahr 2020 in Berlin von dem 33-jährigen Kağan Sümer gegründet wurde, will dem Onlinehandel mit Lebensmitteln neuen Schwung verleihen. Während Kunden von Amazon Fresh oder des Rewe-Lieferdienstes mitunter tagelang auf freie Lieferfenster warten müssen, beliefert das Start-up seine Kunden innerhalb weniger Minuten mit Lebensmitteln, Haushaltsprodukten und Kosmetikartikeln aus seinen eigenen Lagern. Zum Geschäftsgebiet des Unternehmens gehören neben der Hauptstadt Berlin bislang nur andere deutsche Großstädte wie Hamburg, Köln und München – geliefert wird von montags bis samstags; von acht bis 23 Uhr.

Der Bestellvorgang funktioniert folgendermaßen: Nachdem die Gorillas-App auf dem Smartphone installiert wurde, müssen sich Kunden zuerst mit Namen und Anschrift registrieren. Dann öffnet sich eine Benutzeroberfläche, die dem Nutzer verschiedene Kategorien wie Obst und Gemüse, Backwaren, Knabbereien und Getränke zur Auswahl anbietet. Jede Kategorie beinhaltet eine Vielzahl an Produkten, die jeweils mit einem Preis versehen sind und über einen Plus-Knopf in den digitalen Einkaufswagen gelegt werden. Zwar ist das Sortiment kleiner als im Geschäft; dass die Produkte aber nicht teurer sind als in einem handelsüblichen Supermarkt, ist eine positive Überraschung. Die einzigen Extra-Kosten, die beim Einkaufen mit Gorillas entstehen, sind die Liefergebühren in Höhe von 1,80 Euro. Einen Mindestbestellwert gibt es nicht.

Sind alle benötigten Produkte im Warenkorb, kann bestellt werden. Die Bezahlung erfolgt entweder per Kreditkarte oder mit Paypal. Optional können Kunden dem Fahrer ein Trinkgeld von ein bis vier Euro spendieren. Ist der Bezahlvorgang abgeschlossen und die Bestellung bestätigt, taucht der Fahrer nicht nur namentlich in der App auf, sondern auch als sich bewegender Punkt auf einer integrierten Stadtkarte. Dauert die Zustellung zu lange oder hat ein Kunde ein anderes dringendes Anliegen, kann er den Fahrer über die App sogar anrufen. Diese hohe Service-Leistung kann den Umstand, dass die App in englischer Sprache gehalten ist, zumindest halbwegs ausgleichen.

An Konkurrenz mangelt es auf dem Markt der Lebensmittel-Lieferdienste allerdings nicht. Ein namhafter Mitspieler ist etwa das Unternehmen Flink, das ebenfalls im Jahr 2020 in Berlin gegründet wurde und unter anderem von dem ehemaligen Home24-Chef Christoph Cordes geführt wird. Allerdings liefert dieser Bringdienst aktuell noch nicht in der Bundeshauptstadt aus, sondern bislang nur in Hamburg, München und Nürnberg. Bis auf das Liefergebiet unterscheidet sich die Flink Lebensmittel GmbH aber nicht wesentlich von Gorillas: Das Unternehmen liefert ebenfalls aus eigenen Lagern, wirbt mit zehn Minuten bis zur Zustellung der Ware und hat die gleichen „Öffnungszeiten“ und Liefergebühren wie die Konkurrenz. Einen kleinen Unterschied gibt es beim Mindestbestellwert, der bei Flink einen Euro beträgt.

Der Lebensmittel-Lieferservice Bringoo arbeitet im Gegensatz zu Gorillas und Flink nicht mit eigenem Lager, sondern liefert innerhalb von 45 Minuten aus Metro- und Nahkauf-Läden. Das Einsatzgebiet des Online-Bringdienstes, der Ende 2019 gegründet wurde und von dem Unternehmer Hasib Khan geführt wird, ist zurzeit noch auf Hamburg beschränkt. Nach Angaben des Handelsblatts sucht Bringoo jedoch bereits in Berlin nach Fahrern mit eigenem Auto. Wie die Konkurrenz verspricht das Hamburger Start-up seinen Kunden eine Lieferung ohne Aufschlag, verlangt aber mit 2,90 Euro eine etwas höhere Liefergebühr als Gorillas und Flink. Einen Mindestbestellwert gibt es bei dieser App nicht.

Trotz kleiner Abweichung im Geschäftsmodell, in einem Punkt gleichen sich alle Lebensmittel-Lieferdienste zu 100 Prozent: Sie haben die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt. Denn die Corona-Krise hat den Markt für Lebensmittel im vergangenen Jahr geradezu explodieren lassen. Das Handelsblatt berichtet unter Berufung auf eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman, dass Lebensmittel-Lieferdienste im Jahr 2020 in Deutschland bereits vier Milliarden Euro umgesetzt haben. Mehr als doppelt so viel wie noch zwei Jahre zuvor.

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