Digitale Bezahlsysteme Kräftiger Schub für digitale Bezahlsysteme

SAARBRÜCKEN · Kontaktlos den Einkauf zu bezahlen, erfreut sich derzeit großer Beliebtheit. Online hat der Bezahldienst Paypal die Nase vorn.

 Viele Einzelhändler akzeptieren Bezahl-Apps wie Google Pay. So können Kunden mit dem Smartphone ihren Einkauf begleichen.

Viele Einzelhändler akzeptieren Bezahl-Apps wie Google Pay. So können Kunden mit dem Smartphone ihren Einkauf begleichen.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Die Verbraucher in Deutschland haben im vergangenen Jahr häufiger mit der Girocard gezahlt als je zuvor. Etwa 5,5 Milliarden Euro Transaktionen zählte der Frankfurter Finanzdienstleister Euro Kartensystem – eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Keine große Überraschung. Denn wer will in Zeiten wie diesen schon Scheine und Münzen austauschen, die bereits durch etliche Hände und Geldbörsen gegangen sind.

Auch Tastatur und Stift des Kartenterminals werden in Zeiten von Corona als Gefahrenquelle wahrgenommen. Daher hat insbesondere die kontaktlose Bezahlung an Beliebtheit gewonnen. Bei einer Bitkom-Umfrage gaben fast vier Fünftel der Befragten an, in dem Zeitraum von September bis zur Schließung der meisten Geschäfte aufgrund der Ausgangsbeschränkungen im November mindestens einmal kontaktlos mit Karte, Smartphone oder Computeruhr bezahlt zu haben. Der Umfrage zufolge sind Girocards und Kreditkarten, die mit einem sogenannten NFC-Chip ausgestattet sind, zwar noch die beliebtesten Optionen für kontaktloses Bezahlen, allerdings werden Handys und Computeruhren immer häufiger genutzt. Karten mit NFC-Chip sind an einem Wellen-Symbol zu erkennen. An der Kasse werden sie an das Kartenlesegerät gehalten.

Wer den Bezahlvorgang mit Smartphone und Smartwatch abwickeln möchte, hat verschiedene Optionen. Nachdem der Verbraucher überprüft hat, ob das eigene Gerät NFC-fähig ist, kann er beispielsweise die App der eigenen Bank für kontaktlose Bezahlvorgänge herunterladen oder Kunden-Apps, wie sie etwa die Supermarkt-Kette Edeka oder die Firma Payback anbieten, in Anspruch nehmen. Mittlerweile sind die meisten aktuellen Android-Geräte sowie iPhones ab dem iPhone 6 mit einem NFC-Chips ausgestattet.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Dienste von Apple und Google Pay zu nutzen. Jedes dieser Zahlungsmittel verlangt nach einer Registrierung, bei der auch die Kontodaten preisgegeben werden müssen. Deswegen sollten sich Nutzer vor der Anmeldung informieren, wie sicher ihre Daten bei dem jeweiligen Anbieter sind.

Das Corona-Jahr hat aber nicht nur den Trend zur kontaktlosen Bezahlung an der Kasse verstärkt, sondern auch dem Online-Handel ein kräftiges Wachstum beschert. Wie der Branchenverband BEVH im Januar mitteilte, ist der Brutto-Umsatz mit Waren im Online-Handel im vergangenen Jahr von 72,6 Milliarden auf 83,3 Milliarden Euro gestiegen – das ist ein Plus von fast 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit der Edeka-Kundenkarte, Payback und der Girocard kommt der Kunde beim Online-Shopping allerdings nicht weit. Und auch die mobilen Bezahldienste Apple und Google Pay spielen beim Online-Handel noch keine große Rolle. Es sind Konzerne wie Visa, Mastercard und Paypal, die den Zahlungsverkehr im Internet dominieren.

Insbesondere der Online-Bezahldienst Paypal konnte die Corona-Pandemie zu seinem Vorteil nutzen und als Gewinner daraus hervorgehen. Aus einem kürzlich veröffentlichten Geschäftsbericht des Unternehmens geht hervor, dass der Konzern den Umsatz im vergangenen Jahr weltweit um 22 Prozent auf 21,5 Milliarden US-Dollar steigern konnte – das entspricht rund 17,7 Milliarden Euro. In dem Bericht spricht Paypal-Chef Dan Schulman von einer Rekordleistung in einem historischen Jahr. Die weltweite Akzeptanz habe sich drastisch gesteigert.

Dass Paypal es auch in Deutschland an die Spitze der Online-Bezahlsysteme geschafft hat, spiegelt sich in dem Ergebnis einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr wider, die im Rahmen des Statista Global Costumer Survey 2020 durchgeführt wurde: 95 Prozent der Befragten gaben dabei an, Paypal in den vergangenen zwölf Monaten genutzt zu haben. Der Bezahldienst Klarna folgt mit 42 Prozent auf Platz zwei, Platz drei belegt Amazon Pay mit 25 Prozent. Google und Apple Pay liegen mit zwölf und fünf Prozent relativ abgeschlagen auf den Rängen fünf und sieben.

Auf Platz vier bei dieser Umfrage mit 15 Prozent landete das Bezahlverfahren Giropay, wohinter zahlreiche große Banken stehen und das vor Kurzem mit Paydirekt zusammengelegt wurde. Giropay ist für nahezu alle Online-Banking-Konten in Deutschland nutzbar, wird in ausländischen Shops jedoch so gut wie nie angeboten wird. Wie Deutschland haben auch andere europäische Staaten ihre nationalen Bezahlverfahren. So bieten etwa die Niederlande das Online-Bezahlsystem iDeal an, Belgien Bancontact (früher bekannt als Mister Cash) und Frankreich Carte Bancaire.

Damit nicht jeder EU-Staat beim Bezahlen sein eigenes Süppchen kocht und den dominierenden amerikanischen Konzernen etwas entgegengesetzt werden kann, hat die Europäische Kommission im vergangenen Herbst eine „EU-Strategie für den Massenzahlungsverkehr“ entworfen. Ziel der verabschiedeten Strategie sei es zu verhindern, dass sich der europäische Binnenmarkt weiter aufspalte. Verbraucher erhielten über Grenzen hinweg Zugang zu Finanzprodukten und Unternehmen aus der Finanztechnologie könnten expandieren. Gleichzeitig würden Verbraucherschutz und Finanzstabilität gewährleistet.

Doch bis diese Ziele erreicht sind, wird Paypal den Markt weiter dominieren – auch in Europa. Die Prognose des Unternehmens für das laufende Jahr: 50 Millionen neue Nutzer und ein Umsatz von 25,5 Milliarden US-Dollar; etwa 21 Milliarden Euro.

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