Verwirrung im Saarland Streit um Wärmepumpe – wo dürfen Hausbesitzer sie installieren? (mit Video)

Saarbücken · Die Wärmepumpe wird immer beliebter, gerade jetzt, wo das Heizen mit Gas und Heizöl massiv teurer wird. Doch wie weit muss die Pumpe vom Nachbargrundstück entfernt stehen? Über diese Frage stritten Energieberater hierzulande. Eine SZ-Recherche klärt nun auf.

Wärmepumpen sind nicht nur eine Alternative zum in diesem Winter knapp bemessenen Gas, sondern hin und wieder auch Streitthema unter Nachbarn. Wie weit die Anlage vom Nachbargrundstück entfernt stehen muss, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Zudem waren sich in der Vergangenheit Richter unterschiedlicher Instanzen nicht einig. So urteilte etwa das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem Fall von 2017, dass die Pumpe nicht näher als drei Meter zur Grenze stehen darf, die Richter des OLG in München kamen später im selben Fall zu einem anderen Entschluss.

Ebenfalls unterschiedliche Auslegungen hatten Energieberater der Verbraucherzentrale Saarland nach eigenen Angaben telefonisch von Unteren Bauaufsichten hierzulande erhalten und so Unsicherheiten für die Verbraucher befürchtet. Unbegründet, wie eine Umfrage der Saarbrücker Zeitung zeigt.

Wie funktioniert eine Wärmepumpe?

Um das Problem zu verstehen, hilft es zu wissen, wie eine Wärmepumpe funktioniert. Sie besteht in der Regel aus einer Inneneinheit und einer Außeneinheit und arbeitet, vereinfacht gesagt, umgekehrt wie ein Kühlschrank. Während der Kühlschrank seinem Innenraum die Wärme entzieht und nach draußen abgibt, entzieht die Wärmepumpe dem Außenbereich die Wärme und gibt sie als Heizenergie an das Haus ab. Die Außeneinheit ist das, worüber sich die Geister scheiden, viel mehr darüber, wo sie stehen darf.

In NRW dürfen Wärmepumpen nicht an der Grenze stehen

In einigen Bundesländern müssen die Wärmepumpen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück einhalten. Das sind je nach Bauordnung 2,5 bis drei Meter. So urteilte das Oberlandgericht Köln, dass eine 2,66 Meter zur Grundstücksgrenze errichtete Anlage entfernt werden müsse.

Die Richter nannten zwei entscheidende Gründe. Erstens verursache das Außengerät der Luftwärmepumpe Geräuschimmissionen, die dazu geeignet seien, den Nachbarfrieden zu gefährden. Auf die Bestimmung des Ausmaßes der verursachten Geräuschimmissionen komme es dabei nicht an. Als weiteren Grund nannten die Richter, dass das Außenteil in unmittelbarem Funktionszusammenhang mit dem Innengerät stehe und somit Bestandteil der Heizungsanlage sei. Die Außeneinheit sei durch Zuleitungen baulich mit dem Wohnhaus verbunden. Sie zählten die Außenanlage also zum Bauwerk dazu.

Eine solche Auslegung hat nach Ansicht des Energieberaters Reinhard Schneeweiß weitreichende Folgen. Der Architekt erklärt das so: In den Bebauungsplänen wird festgelegt, wo auf einem Grundstück ein Gebäude stehen darf. Zählt die Wärmepumpe zum Gebäude, darf auch sie nicht außerhalb der Baulinien stehen. In vielen Fällen füllt das Wohnhaus die gesamte Bebauungsfläche aus. „Eine solche Interpretation des Baurechts würde dazu führen, dass viele Grundstücke die Möglichkeit zum Einbau einer Wärmepumpe mit Außenstation gar nicht mehr hätten. Die Hausbesitzer dürften sie nicht installieren, weil es baurechtlich dann nicht zulässig wäre“, sagt Schneeweiß.

Energetische Sanierung eines Passivhaus der GSG Neunkirchen im Finkenweg 23​
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Die Verwandlung eines Hauses aus den 50er Jahren zum Passivhaus

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Foto: GSG Neunkirchen

Keine Abstandsregel im Saarland

Die Unteren Bauaufsichten im Saarland ziehen aus der hiesig gültigen Bauordnung allerdings andere Schlüsse und entkräften so die Sorge des Energieberaters. Zwar zählen der Landkreis Saarlouis, der Regionalverband Saarbrücken, der Saarpfalz-Kreis und der Landkreis Sankt Wendel Wärmepumpen zur technischen Gebäudeausrüstung und damit zum Bauwerk. Als technische Anlage sei sie aber laut der Behörde in Saarlouis von Abstandsflächen befreit.

Sofern, da sind sich alle sechs Landkreise einig, die Anlage nicht höher als zwei Meter ist und die Vorschriften in puncto Lärm einhält – wofür das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) zuständig ist – darf sie also auch näher als drei Meter zur Grenze aufgestellt werden. Dann also, wenn von ihr, wie es im Fachjargon heißt, „keine Wirkung wie von Gebäuden ausgeht“.

Der Landkreis Merzig-Wadern unterscheidet noch, ob die Pumpe am Gebäude befestigt ist oder nicht. Von der direkten Montur an der Hauswand raten Experten aufgrund der Lautstärke allerdings dringend ab. Ob die Anlage auch außerhalb der im Bebauungsplan festgelegten Baufelds stehen darf, kommt, das geht aus den Antworten der Behörden hervor, drauf an. So schreibt etwa der Landkreis Saarlouis: „Legt der Bebauungsplan zum Beispiel fest, dass Nebenanlagen, zu denen auch die Luftwasserwärmepumpe gehört, nur innerhalb der Baugrenzen zulässig sind, wäre sie außerhalb nicht zulässig.“ Es könnte dann aber ein Befreiungsantrag von den Festsetzungen des Bebauungsplanes gestellt werden.

Lange Vorlaufzeiten für Wärmepumpen

Somit sollte im Saarland das befürchtete Chaos ausbleiben. Was natürlich nicht garantiert, dass es keinen Streit mit dem Nachbarn gibt. Wer sich für eine Wärmepumpe interessiert, muss allerdings früh mit der Planung beginnen. „Wer jetzt auf die Idee kommt, diesen Winter eine Wärmepumpe zu wollen, wird Pech haben“, sagt Mirko Karkowsky, der stellvertretende Geschäftsführer der Landesinnung Sanitär-, Heizungs- und Klempnertechnik.

Wärmepumpe: Streit ums Heizen - wo dürfen Immobilien-Besitzer sie installieren?
Foto: obs/Marcus Pietrek

„Die Nachfrage übersteigt das Angebot.“ Die Heizungsbauer hätten die Kapazität, noch mehr Anlagen zu installieren, doch das Material fehle. Die Handwerker kämpfen mit Lieferschwierigkeiten. Für einzelne Komponenten seien Vorlaufzeiten bis Oktober 2023 im Gespräch, sagt der Fachmann. Doch es könne sich auch lohnen, bei bestehenden Anlagen nachzubessern. Dabei beraten die Fachbetriebe und die Energieberater der Verbraucherzentrale.

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