Sommerserie „Am schönsten ist’s daheim!“ Alte Apfelsorten, wertvolle Wiesen und spritzig herber Viez

Interaktiv · Wer im Saarland oder der Region Trier lebt, kann sich die Landschaft mit Apfelwein einfach schön trinken und Streuobstwiesen so bewahren.

 Ein Prost auf den Viez der Region: Die alten Römer wussten den alkoholhaltigen Trank aus vergorenen Äpfeln schon vor uns zu schätzen.

Ein Prost auf den Viez der Region: Die alten Römer wussten den alkoholhaltigen Trank aus vergorenen Äpfeln schon vor uns zu schätzen.

Foto: Klaus Kimmling

Sie bringen keinen riesigen Ertrag und versprechen nicht das große Geld, sind aber seit Jahrtausenden fester Bestandteil der Kulturlandschaft. Alte Obstsorten, die im Saarland, in Luxemburg und der Region Trier einst allgegenwärtig waren, drohen zu verschwinden.

Allein rund 1000 verschiedene Obstsorten wurden auf den Streuobstwiesen rund um die Dörfer einst angebaut. Darunter die Pleiner und Sievenicher Mostbirne, der Porzenapfel, Roter und Weißer Trierer Weinapfel, Wiesenapfel, Luxemburger Mostbirne, Alkmene-Apfel, Renette-Apfel oder Kaiser-Wilhelm-Apfel.

Diese Streuobstwiesen lieferten und liefern nicht nur Obst für Viez, Saft und Kuchen, sondern laut Nabu auch einen Lebensraum und Nahrung für mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten. Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Biotoptypen Mitteleuropas.

Ein Artenreichtum, der auch dadurch gefördert wurde, dass Menschen in der Großregion seit jeher gerne Viez trinken. Schon die alten Römer wussten den Trank aus vergorenen Früchten zu schätzen. Es wird angenommen, dass sich das Wort Viez vom Lateinischen „vice vinum“ ableitet: der zweite, der stellvertretende Wein.

1787 sah sich Trier gezwungen, eine Verordnung zu erlassen, um den Viezkonsum einzuschränken: Danach durfte jeder Bürger nur noch 320 Liter alkoholhaltigen Apfel- oder Birnenwein jährlich trinken, das sind rund sechs Liter pro Woche. Was darüber hinausging, wurde mit Steuern belegt. So wenig Viez – das stimmte die Trierer traurig. 1789 wurde deshalb eine neue Verordnung erlassen, die auch den Konsum größerer Viezmengen wieder legalisierte.

Einen Boom erlebte der Obstbau in der Zeit der französischen Besetzung um das Jahr 1800. Aus einer Obstbaumzählung des Jahres 1913 geht laut Nabu hervor, dass der damalige Landkreis Trier im gesamten Deutschen Reich mit über 500 000 Hochstämmen die meisten Obstbäume aufzuweisen hatte. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg ging das Interesse am Streuobst rasant zurück. Die wertvollen Wiesen drohten zu verschwinden.

Dank des Einsatzes von Ländern, Kreisen und Gemeinden, von Viezbruderschaften, Naturschutzverbänden und Landwirten erlebt Streuobst seit einigen Jahren eine Renaissance.

Genau wie das herbe Getränk. Schon purer Viez beansprucht empfindliche Geschmacksnerven. Wer allerdings noch etwas „härter ist im Holen“, sollte den Särkower probieren – besonders säurehaltiger Viez vom Saargau, hergestellt aus Äpfeln von Ost- und Nordhängen.

Tipp für die Ferien: Einfach mal die Viezstraße (siehe Karte oben) erkunden! Sie führt von Berus im Süden des Saargaus bis nach Trier und ist durchweg beschildert. Eine hervorragende Route für eine Spazierfahrt oder eine kurvige Motorradtour durch die obst- und panoramareiche Landschaft des Saargaus. Unterwegs gibt es neben Viez noch vieles anderes zu entdecken: den Wolfspark und den Garten der Sinne in Merzig, die Siersburg hoch über der Saar, das Bauernhofmuseum Haus Saargau, die Skulpturen des Bildhauersymposiums „Steine an der Grenze“, die Saarschleife mit dem Baumwipfelpfad, die Römische Villa Borg, das Freilichtmuseum Roscheider Hof in Konz und die römischen Bauten von Trier.

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