Wenn Hummeln keine Ruhe geben

Saarbrücken. Ingrida Radzeviciute hatte mit dem Handball bereits abgeschlossen, als sie 2008 ihre lange und erfolgreiche Laufbahn beendete. Doch als Sportler, so gesteht sie, "hat man immer Hummeln im Hintern". Wenn sie nach dem Karriereende Spiele als Zuschauerin verfolgte, juckte es sie immer in den Fingern

Saarbrücken. Ingrida Radzeviciute hatte mit dem Handball bereits abgeschlossen, als sie 2008 ihre lange und erfolgreiche Laufbahn beendete. Doch als Sportler, so gesteht sie, "hat man immer Hummeln im Hintern". Wenn sie nach dem Karriereende Spiele als Zuschauerin verfolgte, juckte es sie immer in den Fingern. Und als die ehemalige deutsche Nationalspielerin Anfang Januar eingeladen war, in einem Allstar-Team mitzuspielen, da leckte sie noch einmal Blut. Lange überreden musste man die 35-Jährige also nicht, für den TuS Neunkirchen in der Regionalliga zu spielen. Ihren ersten Einsatz hat die Rückraumspielerin morgen um 19.30 Uhr im Derby gegen die DJK Marpingen.Schon seit November trainiert Radzeviciute zweimal in der Woche in Neunkirchen mit. "Ich habe mich dort auf das Allstar-Spiel vorbereitet. So kam der Kontakt überhaupt zustande", erzählt sie. Trainer Mirko Pesic überzeugte sie dann, sich dem Team anzuschließen.Im Sommer 2008 zog Ingrida Radzeviciute von Leipzig nach Saarbrücken. 14 Jahre hatte sie für den HC Leipzig gespielt und in dieser Zeit vier Meistertitel und fünf Pokalsiege gefeiert. In Sachsen war "Inge", wie die Fans sie nannten, Publikumsliebling und Handball-Ikone. Leicht fiel es ihr deshalb nicht, wegzugehen. "Ich habe dort alles aufgegeben, mein Umfeld, meinen Job bei der Sparkasse und den Handball. Meine Wurzeln wurden herausgerissen", sagt die gebürtige Litauerin, die 1998 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm und 77 Mal für Deutschland spielte.Doch nach dem Karriereende wollte sie endlich mit ihrem Lebensgefährten Marcel Rozgonyi, Fußball-Profi beim 1. FC Saarbrücken, zusammenleben. "600 Kilometer Entfernung tun einer Beziehung auf Dauer ja auch nicht gut", erklärt Radzeviciute, die im März 2009 das erste gemeinsame Kind zur Welt brachte. Töchterchen Linnea gilt derzeit ihre größte Aufmerksamkeit. "Ich genieße es einfach, Mutter zu sein. Ich habe 14 Jahre für den Sport und meine Arbeit bei der Bank gelebt. Das war sehr anstrengend, vor allem die vielen Reisen", sagt sie. Deshalb wird Radzeviciute auch nur bei Heimspielen des TuS dabei sein.Ihre Liebe zum Handball entdeckte sie mit zehn Jahren in ihrer Heimatstadt Vilnius - was bei ihrer Mutter zunächst nicht gerade auf Begeisterung stieß. "Meine Mama ist Lehrerin und wünschte sich, dass ich mehr lese und lerne. Sie hat mir verboten, zum Training zu gehen", erzählt Radzeviciute lächelnd. Doch Litauens Talentsucher erkannten schon bald, was in dem blonden Energiebündel steckte. Und so ging Radzeviciute ihren sportlichen Weg. Mit 15 debütierte sie bei Egle Vilnius in der ersten Liga, mit 18 in der litauischen Nationalmannschaft.Nach Deutschland zu gehen, war für Radzeviciute, die in Litauen Deutsch studierte, einerseits ein Herzenswunsch, andererseits ein schwerer Schritt. "Ich bin in einem tollen Elternhaus aufgewachsen. Es war schlimm, meine Familie zu verlassen. Die Sehnsucht nach meiner Heimat ist in all den Jahren in Deutschland geblieben." So wie die nach Handball.

HintergrundFür die DJK Marpingen ist das Regionalliga-Derby beim TuS Neunkirchen morgen ab 19.30 Uhr vom Abstiegskampf geprägt. Da durch die Neuregelung der Spielklassen fünf Mannschaften absteigen, droht dem Tabellenzwölften die Oberliga. Beim TuS stellt sich nach der hochkarätigen Verstärkung durch Ingrida Radzeviciute die Frage, ob für den Sechsten (zwei Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Mainz) noch etwas in Richtung Aufstieg geht. Trainer Mirko Pesic sagt: " Es gibt andere Mannschaften, die daran mehr Interesse und auch bessere Möglichkeiten haben als wir." mast

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