Ex-Formel-1-Ikone Der dauernde Kampf um Privatsphäre

München · „Das Wunder!“, „Jetzt entscheidet sich sein Schicksal“: Schlagzeilen über Michael Schumacher seit seinem Unfall. Dabei gibt es keine offiziellen Infos über seinen Zustand. Wie funktioniert der Schutz seiner Privatsphäre?

 Sabine Kehm, Managerin des ehemaligen Formel-1-Fahrers Michael Schumacher, beantwortet vor der Universitätsklinik in Grenoble (Frankreich) Fragen zum Gesundheitszustand von Michael Schumacher.

Sabine Kehm, Managerin des ehemaligen Formel-1-Fahrers Michael Schumacher, beantwortet vor der Universitätsklinik in Grenoble (Frankreich) Fragen zum Gesundheitszustand von Michael Schumacher.

Foto: dpa/Guillaume Horcajuelo

Die Privatsphäre von Michael Schumacher wird in Frankfurt geschützt. 450 Kilometer entfernt vom Wohnsitz des Formel-1-Rekordweltmeisters im Schweizer Gland am Genfer See führt Felix Damm eine Kanzlei mit Schwerpunkt Medienrecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht. Die Familie Schumachers hat den Anwalt mit der Vertretung ihrer Rechte und jener des ehemaligen Rennfahrers beauftragt. Vor allem in diesen Tagen, so kurz vor dem Jahrestag von Schumachers folgenschwerem Ski-Unfall und seinem 50. Geburtstag, wächst das Interesse an der Sport-Ikone wieder.

Damm möchte sich in dieser Phase nicht über seinen berühmten Mandanten äußern, da bittet er um Verständnis. Schumacher indes ist nicht der einzige Prominente, für den der Jurist arbeitet. „Wir vertreten seit Jahren Politiker, Unternehmens- und Bankenvertreter, Mitglieder hochrangiger Adelshäuser, Schauspieler, Sportler, Musiker und Schriftsteller“, heißt es auf der Homepage seiner Kanzlei.

Schumacher ist ein besonderer Mandant. Die Anteilnahme an seinem Unfall vom 29. Dezember 2013 im Skigebiet nahe des französischen Méribel war enorm. Der siebenmalige Formel-1-Weltmeister, der am 3. Januar 50 Jahre alt wird, erlitt dabei ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, obwohl er einen Helm trug.

Damals habe sich ein „regelrechtes Jagdfieber“ entwickelt, bemerkte einmal Schumachers Managerin Sabine Kehm. Ein Journalist verkleidete sich als Priester, ein anderer gab sich als Schumachers Vater aus, um sich Zugang zum Zimmer des Verunglückten im Krankenhaus von Grenoble zu verschaffen. Recherche ohne Rücksicht und Feingefühl. „Ich kann verstehen, dass es Leute gibt, die ein ernsthaftes Interesse daran haben zu wissen, wie es ihm geht“, sagte Damm einmal zum grundsätzlichen Hunger nach Informationen im spektakulären Fall Schumacher. Auf der anderen Seite müsse man aber auch nachvollziehen können, dass der Kerpener nach Ende seiner Karriere „einen Anspruch darauf hat, in seiner Privatsphäre zu leben“.

Der Ferrari-Star hat schon zu seiner Rennfahrerzeit zwischen sich als privater und öffentlicher Person getrennt. Homestories gab es nicht, seine Handynummer hat Schumacher an Journalisten nicht weitergegeben. Seine Frau Corinna sowie die beiden Kinder Gina-Maria und Mick, der ebenfalls ein talentierter Rennfahrer ist, sollten fern des Blitzlichts ein halbwegs normales Leben führen. Und das soll auch für den Vater gelten, der sich nach einem wochenlangen künstlichen Koma seit September 2014 zur Rehabilitation wieder in seiner Schweizer Wahlheimat befindet und von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird. Rund um die Villa am Genfer See lauernde Fotografen gehören zu dem Bild schon mal dazu. Es sei das Recht der Familie, mit der Situation so umzugehen, „wie es am besten“ für sie sei, sagte Kehm, die immer wieder Grenzen abstecken muss.

Aus juristischer Sicht würde jede Aussage zum Gesundheitszustand „den Umfang seiner Privatsphäre auf Dauer verringern“, meinte Kehm weiter. Dennoch erscheinen in gewisser Regelmäßigkeit Schlagzeilen wie „Das Wunder!“ oder „Neue Hoffnung“, die angebliche Neuigkeiten über den ersten deutschen Formel-1-Weltmeister anpreisen.

„Dahinter steckt der Zwang, ob aus Exklusivitäts- oder Aktualitätsdruck, ein gewolltes öffentliches Interesse mit Neuigkeiten bedienen zu wollen, wo es eigentlich keinen Fortschritt im Informations- und Nachrichtenstand gibt“, sagt Professor Stephan Weichert, der an der Hamburg Media School Journalistik und Kommunikationswissenschaft lehrt. Das Vorgehen von Schumachers Familie, keine Informationen an die Öffentlichkeit zu geben, erzeuge ein mediales Spannungsfeld. „Ich sehe da aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ein Dilemma“, sagt Weichert. „Einerseits hat die Öffentlichkeit ein Interesse zu erfahren, wie es dem langjährigen Rennsport-Star geht, andererseits hat die Familie ein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre.“

Dass die Öffentlichkeit nichts mehr erfährt, könne auch Unbehagen erzeugen. „Man sorgt sich um diesen Nationalhelden, mit dem sich viele identifizieren konnten. Die Frage nach seinem Zustand ist ein ungeklärtes Thema“, erläuterte Weichert weiter. „Wenn es so lange anhält, macht es aus Mediennutzersicht auch unzufrieden.“ Für Kehm und Damm steht aber in erster Linie der Schutz von Schumachers Privatsphäre im Vordergrund – gerade in diesen Tagen.

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