Mit einem Quartett in die zweite Woche

London. Seit elf Jahren ist Philipp Kohlschreiber schon Tennisprofi, aber auch ein Routinier macht bisweilen noch neue Erfahrungen. Der 28 Jahre alte Augsburger hatte gerade souverän 6:2, 6:3, 7:6 (8:6) gewonnen, doch die Zuschauer jubelten dem Verlierer zu. Während der 30. der Weltrangliste unbeachtet seine Sachen packte, schrieb Lukas Rosol noch minutenlang Autogramme

 Florian Mayer, Sabine Lisicki, Philipp Kohlschreiber und Angelique Kerber (von links) stehen allesamt im Achtelfinale von Wimbledon - jetzt warten richtige Herausforderungen auf das deutsche Quartett. Fotos: dpa

Florian Mayer, Sabine Lisicki, Philipp Kohlschreiber und Angelique Kerber (von links) stehen allesamt im Achtelfinale von Wimbledon - jetzt warten richtige Herausforderungen auf das deutsche Quartett. Fotos: dpa

London. Seit elf Jahren ist Philipp Kohlschreiber schon Tennisprofi, aber auch ein Routinier macht bisweilen noch neue Erfahrungen. Der 28 Jahre alte Augsburger hatte gerade souverän 6:2, 6:3, 7:6 (8:6) gewonnen, doch die Zuschauer jubelten dem Verlierer zu. Während der 30. der Weltrangliste unbeachtet seine Sachen packte, schrieb Lukas Rosol noch minutenlang Autogramme. Der Tscheche hatte es zwei Tage zuvor mit seinem Sieg gegen Rafael Nadal zur Berühmtheit gebracht. "Das war schon ein bisschen komisch. Dass der Verlierer gefeiert wird, ist mir niemals vorher passiert", gab Kohlschreiber zu.Es war nicht die einzige Premiere für den 30. der Weltrangliste. Erstmals erreichte Kohlschreiber das Achtelfinale in Wimbledon. Nachdem sich am Freitag Angelique Kerber, Sabine Lisicki und Florian Mayer für die vierte Runde qualifiziert hatten, erhöhte Kohlschreiber am Samstag das deutsche Kontingent auf ein Quartett. Vier Spieler an diesem Montag noch dabei zu haben, mehr als jede andere Nation, ist für das deutsche Tennis ein Achtungserfolg. Zuletzt hatten 1995 vier Deutsche die zweite Wimbledon-Woche erreicht: Boris Becker, Alexander Mronz, Steffi Graf und Anke Huber.

Kohlschreiber ist Realist genug, keine weiteren Parallelen zwischen vorgestern und heute zuzulassen. "Es werden jetzt keine Wunder passieren", ordnete er die deutsche Halbzeitbilanz ein. Euphorischer hatte sich sein Trainingspartner Florian Mayer nach seinem dramatischen Fünfsatzsieg gegen den Polen Jerzy Janowicz geäußert: "Bei den Grand Slams ist es einfach wichtig, gut aufzutreten - und das haben wir deutschen Herren zuletzt nicht geschafft. Vielleicht haben wir uns zu viel Druck gemacht. Andere sind immer über sich hinausgewachsen, aber uns ist das nicht gelungen. Jetzt schauen wir mal, wie weit es geht."

Die größten Chancen, das Interesse weiter zu steigern, hat Kohlschreiber. Er trifft nun auf den Qualifikanten Brian Baker (Nummer 126 der Welt) aus den USA. Für den Augsburger kein Grund zur überschwänglichen Vorfreude: "Schön, dass auch im nächsten Match die Chancen ausgeglichen sind." In einem Viertelfinale stand Kohlschreiber noch bei keinem der Major-Turniere. Im Gegensatz zu Florian Mayer (2004 in Wimbledon). Der Bayreuther steht gegen Richard Gasquet vor einer schweren Aufgabe. "Ich habe nichts zu verlieren", sagte Mayer. Gewonnen hat er gegen den Franzosen noch nie.

Mit noch namhafterer Opposition bekommen es Angelique Kerber und Sabine Lisicki zu tun. Kerber, die Weltranglisten-Achte aus Kiel, trifft auf die lange verletzte Belgierin Kim Clijsters, Lisicki, die Nummer 15 aus Berlin, auf die Weltranglisten-Erste Maria Scharapowa aus Russland. Fed-Cup-Chefin Barbara Ritter schätzt die Chancen von Lisicki in der Revanche des letztjährigen Halbfinales "eher gering" ein. Kerber traut sie mehr zu: "Angie macht im Moment alles richtig. Da muss Kim ihr bestes Tennis spielen. Ob sie das schon wieder schafft, weiß ich nicht."

Autogramme wird in jedem Fall Publikumsliebling Clijsters bei ihrem letzten Wimbledon-Auftritt schreiben. Auch wenn dann die Siegerin eventuell zuschauen muss. dapd

Am Rande

Die Kasachin Jaroslawa Schwedowa hat in Wimbledon als erster Tennisprofi einen "Goldenen Satz" bei einem Grand-Slam-Turnier gewonnen. Sie feierte am Samstag 24 Punktgewinne in Serie zum Auftakt ihres 6:0, 6:4-Drittrundensieges gegen die italienische French-Open-Finalistin Sara Errani. "Ich habe heute ein goldenes Ei gelegt", twitterte die Nummer 65 der Tenniswelt. Seit Beginn der Profi-Ära 1968 gelang dieses historische Kunststück laut der Damenprofitennis-Organisation WTA noch keinem Tennisprofi bei einem der vier wichtigsten Turniere des Jahres. dpa

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