Mehr Show, mehr Spannung, mehr Rennen

London · Die Herrschaft von Bernie Ecclestone über die Königsklasse ist beendet. Die neuen Besitzer der Rennserie übergeben Chase Carey die Macht. Der Amerikaner will die Formel 1 umkrempeln – und hat schon viele Ideen.

 Unverwechselbar wie sein Vorgänger: Chase Carey ist der Vorstandschef und Geschäftsführer der Formel 1. Und er steckt sich große Ziele, denn alles soll anders werden. Foto: Azubel/dpa

Unverwechselbar wie sein Vorgänger: Chase Carey ist der Vorstandschef und Geschäftsführer der Formel 1. Und er steckt sich große Ziele, denn alles soll anders werden. Foto: Azubel/dpa

Foto: Azubel/dpa

Nach dem Sturz von Alleinherrscher Bernie Ecclestone wollen die neuen Besitzer die Formel 1 umkrempeln. Chase Carey, der neue starke Mann in der Königsklasse, kündigte umfassende Reformen an. "Die Formel 1 hat ein großes Potenzial mit zahlreichen ungenutzten Möglichkeiten", sagte der Amerikaner: "Wir sehen überall Möglichkeiten für Wachstum."

Nach der Übernahme der Königsklasse durch Liberty Media war für Ecclestone, den großen kleinen Mann dieses Sports, kein Platz mehr. "Bin einfach weg", wird er im Fachmagazin "Auto, Motor und Sport" zitiert. Am späten Montagabend wurde die Entmachtung des 86-Jährigen offiziell verkündet (wir berichteten). Carey übernimmt als Präsident und Geschäftsführer der neuen Formel-1-Gesellschaft quasi seine Rolle. An der Seite des 62-Jährigen mit dem altmodischen Zwirbelbart sollen Ross Brawn , der ehemalige Vertraute von Rekord-Weltmeister Michael Schumacher , als Geschäftsführer Motorsport sowie Sean Bratches als Geschäftsführer kommerzielle Angelegenheiten die Formel 1 aus der Krise führen.

Der zurückgetretene Weltmeister Nico Rosberg legt große Hoffnungen in die neue Führung. "Eine Veränderung war überfällig", erklärte der 31-Jährige. Zuletzt hatte er schon gesagt: "Liberty Media kann ein wenig Würze hereinbringen. Vielleicht können sie das Ganze sogar ein wenig amerikanisieren, auf Showbusiness verstehen sie sich eben. Und das brauchen wir jetzt."

Carey hat jedenfalls große Pläne, "langfristige Visionen", wie der Harvard-Absolvent sagt. Und die Zeiten der "Diktatur" in der Formel 1 sollen ein Ende haben. Man könne zwar nicht immer alle glücklich machen, aber man müsse "verstehen, was alle wollen, und dann einen Weg finden", hatte Carey zuletzt gesagt.

Das neue Formel-1-Triumvirat will die Präsenz des PS-Spektakels auf digitalen Plattformen und in den sozialen Netzwerken verstärken, um neue, junge Fans zu gewinnen. Zudem sollen der Rennkalender "entwickelt" und die Geldverteilung unter den Rennställen reformiert werden, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Darüber hinaus soll das komplizierte technische Reglement auf den Prüfstand kommen.

Die Formel 1 müsse wieder "einfacher" werden, sagte Brawn, der Schumacher als "Superhirn" zu allen sieben WM-Titeln geführt hatte. Selbst er habe zuletzt "nicht mehr verstanden, was da passierte". Die Zahl der Rennen soll aufgestockt werden - auf bis zu 25 pro Saison. Dabei werden Standorte wie New York, Miami, Los Angeles und Las Vegas in Erwägung gezogen. Europa, so hieß es bislang, müsse aber der Kernmarkt bleiben. Die Strecken sollen entlastet werden, um Standorte wie Hockenheim, Monza, Spa und Silverstone im Kalender zu halten.

Carey will zudem wohl ein heikles Thema anpacken, mit dem Ecclestone seine Macht aufgebaut hatte: die ungerechte Verteilung des Geldes. Die großen Rennställe erhielten bisher immer üppige Bonuszahlungen, kleinere Rennställe müssen hingegen den Bankrott fürchten. Der größte Verlierer könnte Ferrari sein. Ecclestone zahlte dem italienischen Rennstall zuletzt stets eine Art Antrittsgage von rund 100 Millionen Euro. "Wir denken darüber nach, die Team-Zahlungen anzugleichen, um Fairness zu schaffen", sagte Liberty-Media-Chef Greg Maffei.

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Hintergrund Der neue Formel-1-Eigentümer Liberty Media gehört zum weit verzweigten Firmen-Imperium des US-Unternehmers John Malone. Der 75-Jährige, der wegen seiner kompromisslosen Geschäftspolitik auch "Darth Vader" genannt wird, hält zahlreiche Beteiligungen an Konzernen aus der Kabel-, Medien- und Entertainment-Branche. Für die Übernahme der Formel 1 investierte Liberty etwa 3,93 Milliarden Euro. Zudem sollen Schulden in ähnlicher Höhe übernommen werden. Das Tochter-Unternehmen Liberty Media Group wird in Formula One Group umbenannt. Vorstandschef und nun auch Geschäftsführer ist Chase Carey, der Bernie Ecclestone ablöst. dpa

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