Mehr als eine Betonschüssel

Wir haben die Vereine der 3. Fußball-Liga per Mail nach Autogrammkarten, Trikots, Trainingszeiten sowie nach einer Mitgliedschaft gefragt. Anonym natürlich. Sechs Clubs haben nicht geantwortet, viele nur dürftig. Ein Zeichen für schlechtes Marketing?Ulrik Ruhnau: Das würde ich nicht überbewerten. Im Einzelfall wird dies Gründe haben. Ein Fußball-Verein, insbesondere in der 3

Wir haben die Vereine der 3. Fußball-Liga per Mail nach Autogrammkarten, Trikots, Trainingszeiten sowie nach einer Mitgliedschaft gefragt. Anonym natürlich. Sechs Clubs haben nicht geantwortet, viele nur dürftig. Ein Zeichen für schlechtes Marketing?

Ulrik Ruhnau: Das würde ich nicht überbewerten. Im Einzelfall wird dies Gründe haben. Ein Fußball-Verein, insbesondere in der 3. Liga, ist im Bereich Marketing nicht so breit aufgestellt.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte mit der Einführung der 3. Liga eine neue Marke positionieren. Ist das gelungen?

Ruhnau: Die Vermarktung der Werbe- und TV-Rechte läuft in der 3. Liga sehr gut. Sowohl, was die hohe Präsenz als auch die Einschaltquoten in der ARD und den dritten Programmen betrifft, hat sich die Spielklasse weiterentwickelt. Zugleich ist sie aber noch dabei, ihr Profil zu schärfen.

Was kann der DFB tun, um die Liga stärker zu unterstützen? Die Fernsehgelder erhöhen?

Ruhnau: Das System ist in Ordnung und bedarf keiner zusätzlichen Subventionierung durch den DFB. Einige Vereine sind auch auf einem guten Weg auf Basis der TV-Gelder (um die 800 000 Euro pro Saison, Anm. der Red.) einen refinanzierbaren Etat aufzustellen, der es wirtschaftlich und sportlich möglich macht, um die Aufstiegsplätze mitzuspielen. Allerdings wäre eine größere Flexibilität hinsichtlich der Spieltermine sowie ein Einfluss darauf, welche Begegnung als Topspiel in der ARD gezeigt wird, wünschenswert.

Fußball hat höchste Einschaltquoten im Fernsehen, auch die Stadien sind voll. Es dürfte doch nicht schwer sein, einen 3. Liga-Verein zu vermarkten.

Ruhnau: Was ist schon einfach? Die fehlende Planbarkeit der TV-Übertragungen erschwert in der 3. Liga die Vermarktung der Werberechte. Aber die Basis und das Potenzial sind jetzt sehr viel besser als in den alten Regionalligen. Trotzdem bleibt die Spielklasse deutlich hinter den Möglichkeiten der 1. und 2. Liga zurück.

Erst- und Zweitligisten generieren aus dem Spielbetrieb, den Medien, der Werbung und den sonstigen Einnahmen etwa gleiche Erlöse. In der 3. Liga dominieren die Werbeumsätze mit 43 Prozent. Ist diese Abhängigkeit gefährlich für die Vereine?

Ruhnau: Nein, denn der Anteil von Sponsoring am Gesamtumsatz verteilt sich ja nicht auf einen großen Partner, sondern auf viele Sponsoren, so dass ich eine stabile Situation für die Clubs sehe. Wir haben aber im Moment noch die Situation, dass die TV-Erlöse deutlich hinter denen der 2. Bundesliga liegen (um die 5,8 Millionen Euro, Anm. der Red.).

Vielen Vereinen fehlt in der 3. Liga das Geld für ein professionelles Marketing. Kann das Image eines Clubs auch mit geringen Investitionen gepflegt werden?

Ruhnau: Auf jeden Fall. Fußball-Vereine besitzen die Einzigartigkeit, dass alles, was sie machen, sofort ein mediales Echo erlangt. Damit sind Fußballmarken nicht mit klassischen Unternehmen vergleichbar. Sie sind eine Art "natürliche Marke". Vereine haben ein natürliches Kommunikations-Budget, weil sie täglich in den regionalen Medien stattfinden und so an ihrem Image arbeiten können.

In welchen Bereichen ist es für die Vereine sinnvoll zu investieren?

Ruhnau: Ein wichtiger Punkt, den die Vereine alle erkannt haben, ist die Fanbindung. Denn wer einmal Anhänger eines Vereins ist, wird das meist auch für den Rest seines Lebens bleiben. Fußball-Clubs sorgen somit für eine einzigartige emotionale Kundenbindung.

Was gehört zur Fanbindung dazu?

Ruhnau: Dazu gehören Maßnahmen, durch die sich ein Fan noch stärker mit seinem Verein identifiziert. Eine besondere Rolle spielt dabei nicht nur die regelmäßige Kommunikation mit den Mitgliedern, sondern auch den Stadionbesuch als Erlebnis zu vermitteln, um damit eine emotionale Verbindung herzustellen.

Emotional ist für die Saarbrücker Fußball-Fans auch die Diskussion über das Ludwigspark-Stadion. Es ist knapp 60 Jahre alt, hat weder Vip-Logen noch gepflegte Sanitäranlagen. Welchen Stellenwert hat ein Stadion für die Außenwirkung des Vereins?

Ruhnau: Das Stadion hat einen wesentlichen Anteil an der Marke des Vereins. Aber noch wichtiger ist, dass die Qualität des Stadions stark die Erlösmöglichkeiten der Vereine bestimmt. Bei einem Stadion-Neubau bieten sich ganz andere Möglichkeiten für Vip-Bereiche, Catering, Sponsorenpflege oder auch die Vermarktung von Namensrechten, als in einem 60 Jahre alten Bau. Ein weiterer Punkt ist, dass die Stadien ein lokales Monopol darstellen. Ein Saarbrücker Unternehmen könnte zum Beispiel in einer schönen Stadion-Loge seine Geschäftspartner einladen und über das Erlebnis Fußball eine emotionale Bindung herstellen.

Was gehört zu einem modernen Stadion in der 3. Liga dazu?

Ruhnau: Heutzutage ist ein modernes Stadion weit mehr als eine "reine Betonschüssel", in der ich 90 Minuten Fußball gucke. Die Fans, Sponsoren und das Umfeld treffen sich dort alle zwei Wochen. Es ist zu einer lokalen Politik- und Businessplattform geworden. Und es kann ein wesentlicher kultureller Bestandteil einer Region sein.

Funktioniert die Vernetzung außerhalb des Stadions in der 3. Liga auch über soziale Netzwerke und die Online-Auftritte der Vereine?

Ruhnau: Das Thema soziale Netzwerke und Fußball-Vereine ist bisher nicht so stark ausgeprägt. Das hat etwas damit zu tun, dass die meisten Vereine sehr überzeugende Internetpräsenzen haben. Auf den Internetseiten können sich die Anhänger über Foren austauschen. Auch die Kundenbindung der Sponsoren findet derzeit eher auf der eigenen Vereins-Seite statt.

Dynamo Dresden ist der einzige 3. Liga-Verein, den Sportfive vermarktet. Bei unserer Umfrage hat der Verein jedoch nicht reagiert. Wie erklären Sie sich das?

Ruhnau: Ich gehe davon aus, dass sich in den nächsten Tagen jemand bei Ihnen meldet. Wir haben Dynamo Dresden bisher als sehr verlässlichen Partner kennen gelernt.

Auf einen Blick

Die 3. Fußball-Liga gibt es seit der Saison 2008/2009. 20 Mannschaften spielen darin, Meister und Vize-Meister steigen auf, der Drittplatzierte spielt gegen den drittletzten der 2. Liga eine Relegation. Drei Vereine steigen ab.

Für eine 3. Liga-Lizenz fordert der Deutsche Fußball-Bund von den Clubs unter anderem: Ein Stadion mit mehr als 10 000 Plätzen, davon 2000 Sitzplätze (ein Drittel überdacht); einen Trainer mit Fußball-Lehrer-Lizenz; ein Nachwuchsleistungszentrum.

TV-Rechte: Jeder Verein der 3. Liga erhielt in der Saison 2009/2010 TV-Gelder in Höhe von 800 000 Euro. Die ARD, die als einziger Sender die 3. Liga überträgt, denkt nach 2012 über einen Ausstieg aus dem TV-Vertrag nach, weil der Sender keinen Einfluss auf die Spielplangestaltung hat.

Die durchschnittlichen Erträge eines Vereins lagen in der Spielzeit 2008/2009 bei 5,969 Millionen Euro. Die Erträge stammen zu 43 Prozent aus Werbeeinnahmen (2,6 Millionen Euro), 23 Prozent Sonstiges (1,3 Millionen Euro), 20 Prozent Spielbetrieb (1,2 Millionen Euro), 14 Prozent TV-Gelder (800 000 Euro).

Die durchschnittlichen Aufwendungen eines 3. Ligisten betrugen in der Saison 2008/2009 etwa 6,467 Millionen Euro. agri

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