Kein Flächen-Brand

Leipzig. Bundestrainer Heiner Brand hat seinen Rücktritt vorerst ad acta gelegt und will bei der Krisenbewältigung im deutschen Handball vorangehen. Der 58-Jährige, der nach dem desaströsen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Schweden mit Platz elf seine Zukunft offen gelassen hatte, bleibt zumindest bis zum 30. Juni im Amt

Leipzig. Bundestrainer Heiner Brand hat seinen Rücktritt vorerst ad acta gelegt und will bei der Krisenbewältigung im deutschen Handball vorangehen. Der 58-Jährige, der nach dem desaströsen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Schweden mit Platz elf seine Zukunft offen gelassen hatte, bleibt zumindest bis zum 30. Juni im Amt. Ob er darüber hinaus seinen bis 2013 laufenden Vertrag erfüllt, hängt neben der Qualifikation für die Europameisterschaft vor allem von Ergebnissen der "Task Force Nationalmannschaft" ab. Brand fordert seit Jahren eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Bundesliga und dem Deutschen Handball-Bund (DHB).

"Sehr kluge Entscheidung"

"Ich bin Heiner Brand sehr dankbar, dass er persönliche Interessen hinten angestellt hat", sagte Bob Hanning, Manager der Füchse Berlin und Liga-Vizepräsident. Für Hanning, der wie Brand, DHB-Präsident Ulrich Strombach, Vizepräsident Horst Bredemeier, Liga-Präsident Reiner Witte und Lemgos Manager Volker Zerbe zur "Task Force" gehört, ist Brands Votum "eine sehr durchdachte und sehr kluge Entscheidung im Sinne des Sports. Hier haben nicht persönliche Beweggründe eine Rolle gespielt, sondern die Verantwortung für den Sport."

Brand hatte sich nach dem ersten Treffen der Arbeitsgruppe am vergangenen Freitag in Leipzig zunächst mit seiner Familie beraten und den Verband am Montagabend über seine Entscheidung informiert. "Heiner Brand wird nach dem einstimmigen Vertrauensvotum durch das DHB-Präsidium und die Unterstützungszusage des Präsidiums der Handball-Bundesliga seine Arbeit als Bundestrainer fortsetzen", teilte der DHB gestern mit. Bis zum Sommer wird das Präsidium parallel zu den Beratungen im Arbeitskreis eine Entscheidung treffen, in welcher Funktion Brand über den 30. Juni hinaus für den DHB tätig sein wird.

Auch Volker Zerbe zollte der Entscheidung des Bundestrainers Respekt. "Heiner lässt mit Blick auf die wichtigen anstehenden Europameisterschafts-Qualifikationsspiele die Mannschaft nicht im Stich", meinte der frühere Weltklasse-Rückraumspieler. Bis zum Sommer sollte man nun die Zeit für weitere intensive Gespräche zwischen DHB und Handball-Bundesliga nutzen: "Wir müssen zu einer hintergründigen Analyse der Lage kommen und dann sehen, wie es weitergeht."

EM-Qualifikation ab 9. März

Liga-Präsident Witte nannte Brands Weitermachen "außerordentlich". Es sei wichtig, "dass wir Klarheit haben", erklärte Witte und betonte zugleich die Wichtigkeit der Aufarbeitung des WM-Debakels: "Wir müssen nun prüfen, ob unsere Konzepte noch gut sind oder gravierende Mängel aufweisen und uns fragen, warum wir keine Instinkt-Handballer und Charakter-Köpfe mehr in unseren Reihen haben."

Brand muss neben der WM-Analyse seinen Blick auf die Europameisterschafts-Qualifikation richten. Am 9. und 13. März stehen die beiden Spiele gegen den Olympia-Zweiten Island an. Danach folgen die Partien in Österreich (8. Juni) und gegen Lettland (12./13. Juni). Nur die beiden Gruppen-Ersten lösen das EM-Ticket. Bei der Europameisterschaft in Serbien hätte Deutschland die letzte Chance, sich ein Olympia-Ticket zu sichern. dpa

Meinung

Hoffentlich wird er jetzt erhört

Von SZ-Redakteur

Kai Klankert

Ob er ausgebrannt ist? Noch in der Lage ist, den deutschen Handball wieder an die Weltspitze zu führen? Die Diskussion um die Zukunft von Heiner Brand ist lächerlich, weil sie am eigentlichen Thema vorbeiführt.

Der deutsche Handball ist nicht mehr Weltspitze, weil die besten deutschen Spieler nicht mehr Weltspitze sind. So einfach ist das. Da kann der Bundestrainer heißen, wie er will. Brand, Schwarzer, Baur - sie alle müssen oder müssten damit klar kommen.

Seit Jahren weist Heiner Brand auf das größte Problem im deutschen Handball hin, nämlich dass die wichtigsten Positionen in den Bundesliga-Vereinen mit ausländischen Spielern besetzt sind. Dass der deutsche Nachwuchs zwar gut ist, aber die Anschlussförderung fehlt. Der WM-Titel 2007 hat vieles verdeckt, doch seither geht es kontinuierlich bergab. Eine Überraschung ist das nicht. Brand wusste das - und wurde von den Bundesliga-Vereinen nicht gehört. Hoffentlich ändert sich das jetzt. Unabhängig vom Namen des deutschen Bundestrainers.

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