Fast wie im Wellenbad

Saarbrücken. Turbulente Tage liegen hinter dem Saarländischen Schwimm-Bund (SSB). Die unerwartete fristlose Kündigung von Landestrainer Peter Fischer am Freitagabend (wir berichteten) ließ und lässt die Wellen hoch schlagen. Fischer hatte seinen Rückzug an strukturellen Mängeln im Bereich Leistungssport beim SSB fest gemacht. Präsident Dr

Saarbrücken. Turbulente Tage liegen hinter dem Saarländischen Schwimm-Bund (SSB). Die unerwartete fristlose Kündigung von Landestrainer Peter Fischer am Freitagabend (wir berichteten) ließ und lässt die Wellen hoch schlagen. Fischer hatte seinen Rückzug an strukturellen Mängeln im Bereich Leistungssport beim SSB fest gemacht. Präsident Dr. Bernd Coen (Foto: rup) hatte die Kündigung angenommen - und den Weg frei gemacht für tagelange Turbulenzen. Denn inzwischen hat Fischer seine Kündigung mit der Begründung und der Entschuldigung zurückgenommen, wohl "etwas übereilt" reagiert zu haben. Coen hatte jedoch am Dienstagabend in einer "außerordentlichen Eltern- und Vereinsbesprechung" an der Hermann-Neuberger-Sportschule deutlich gemacht, "dass das Thema Fischer für mich erledigt ist".

Gestern ruderte der SSB-Präsident insofern zurück, als er Bereitschaft signalisierte, "in vernünftigen Gesprächen einen Weg aus dem Dilemma zu finden". Zumal es an der Fachkompetenz Fischers überhaupt keinen Zweifel gebe. Die Reaktion des 61-Jährigen: "Wenn man auf mich zukommt, stehe ich zur Verfügung. Mir geht es nur um die Zukunft der Schwimmerinnen und Schwimmer."

Sollte Fischer gehen, steht vor allem die Zukunft des hoffnungsvollsten Talentes Lucien Haßdenteufel im Saarland auf der Kippe. Der 19-Jährige nimmt zurzeit am Trainingslager des Perspektiv-Teams London in Potsdam teil. "Ich war ganz schön geschockt", sagt "Lülle", "schließlich haben wir Herrn Fischer viel zu verdanken. Ich ganz besonders. Ohne ihn wäre ich sicher nicht da, wo ich stehe." Haßdenteufel legt aber auch großen Wert auf die Feststellung, "dass auch Hannes Vitense tolle Arbeit leistet".

Letztendlich war wohl aber das Verhältnis Vitense - Fischer ausschlaggebend für Fischers Handtuchwurf. "Wir haben schon gemerkt, dass es zwischen den beiden zuletzt nicht mehr so recht gestimmt hat", sagt auch Mannschaftssprecher Neil Pallmann. Vitense war im Frühjahr als gleichberechtigter Landestrainer neben Fischer installiert worden. "Das war so abgesprochen", sagt Präsident Coen. "Das kam für mich überraschend", sagt dagegen Peter Fischer. Hannes Vitense war in den letzten Tagen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

"Fast uneingeschränkte" Rückendeckung erhält Fischer aus der Elternschaft. Federführend haben Franz Haßdenteufel und SSB-Vize-Präsident Johannes-Jürgen Lotze einen Kompromiss über die Zuständigkeit der beiden Landestrainer ausgerarbeitet. Der, so Franz Haßdenteufel, von beiden auch mündlich akzeptiert worden sei. Das bestätigt Fischer gegenüber der Saarbrücker Zeitung. Vitense wollte das in der Dienstag-Versammlung jedoch nicht zugeben. Franz Haßdenteufel skizziert den Vorschlag der Eltern: "Peter Fischer ist allein verantwortlich für das Top-Team/L1. Das sind die besten etwa 15 der Jahrgänge 1995 und älter. Hannes Vitense übernimmt die alleinige Verantwortung für die L2 und die folgenden Jahrgänge 1996 und jünger." Das akzeptieren auch die Sportler, wie Mannschaftssprecher Neil Pallmann betont. "Wir wollen auf jeden Fall weiter mit beiden Trainern arbeiten", sagt Pallmann im "Namen des gesamten Leistungskaders".

Auch Bundestrainer Dirk Lange hat seine Meinung zu den Turbulenzen: "Lucien Haßdenteufel ist eine unserer großen Nachwuchs-Hoffungen. Doch er muss zu Hause in Ruhe arbeiten können. Am besten mit Peter Fischer, dessen Kompetenz ich sehr schätze. Gelingt das nicht, wird Lucien Saarbrücken wohl verlassen müssen." Vater Franz schaut sich "fürs nächste Jahr" schon mal nach passenden Universitäten mit angeschlossenem Bundesstützpunkt Schwimmen um. Und Lucien ist auch zu diesem Schritt bereit. "Wie andere von uns auch", sagt Mannschaftssprecher Neil Pallmann. Es ist also fünf vor Zwölf im Stadtwald.

Meinung

Ganz schnell an einen Tisch

Von SZ-Redakteur

Klaus Kalsch

Peter Fischer, der Ex-Landestrainer der saarländischen Schwimmer, trägt das Herz auf der Zunge. Reagiert auch schon mal impulsiv und allzu spontan. Wie jetzt auch bei seiner Kündigung - was er mit seiner Entschuldigung ja auch zugibt. Fischer ist aber unzweifelhaft auch ein exzellenter Trainer. Die Erfolge der letzten fünf Jahre sprechen für sich.

Die können aber bald schon Makulatur sein, wenn nicht ganz schnell die Notbremse gezogen wird. Hier steht SSB-Präsident Bernd Coen in der Pflicht, über seinen Schatten zu springen. Eltern und Aktive haben sich mit ganz großer Mehrheit für die Weiterbeschäftigung von Peter Fischer ausgesprochen. Das einfach zu ignorieren, könnte fatale Folgen haben.

Erste Abwanderungsgedanken der Spitzenleute gibt es schon. Doch noch scheint es nicht zu spät, sich unter Männern wieder zusammenzuraufen. Die Bewältigung verletzter Eitelkeiten darf auf keinen Fall auf dem Rücken der vielen jungen Talente ausgetragen werden. Auch deshalb nicht, weil es es an der sportlichen Bilanz des Übungsleiters Fischer überhaupt nichts zu bemängeln gibt. Woran natürlich auch Hannes Vitense großen Anteil hat. Deshalb steht der SSB in der Pflicht, alles zu tun, damit das alte Erfolgs-Duo bald wieder funktioniert.

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