Tausende strömten zur RiesenpartyImpressionismus-Flair am Deutschmühlenweiher

Saarbrücken. Festlich sahen sie aus, die Stengel-Häuser am St. Johanner Markt in der Abenddämmerung am Freitagabend. Der Künstler Ingo Bracke hatte den markanten Bauten ein Festtagskleid aus Licht geschneidert, das in der einsetzenden Dunkelheit so richtig zur Geltung kam

Saarbrücken. Festlich sahen sie aus, die Stengel-Häuser am St. Johanner Markt in der Abenddämmerung am Freitagabend. Der Künstler Ingo Bracke hatte den markanten Bauten ein Festtagskleid aus Licht geschneidert, das in der einsetzenden Dunkelheit so richtig zur Geltung kam.Die saarländische Gruppe Orlando-Circle lieferte dazu die passende Musik, wenn auch deren Klanginstallation mit dem Countertenor, die mit der Lichtinstallation verschmolz, für viele Musikfreunde künstlerisch einen Hauch zu hoch angesetzt war. Aber wenige Meter weiter vor dem Staatstheater gab es ja eine Alternative. Die Deutschrock-Band Jupiter Jones mit angesagter Musik, die vor allem junge Leute ansprechen sollte.

"Man muss auch mal was probieren, und den Leuten etwas anderes anbieten", erläuterte Norbert Küntzer vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit die Bandauswahl. Und mit der Hauptband für das Samstagsprogramm hatte er richtig hoch gepokert:

Knorkator, die Band aus Berlin-Koepenick, lässt es ordentlich krachen. Sie provozieren nicht nur mit schrillen Kostümen und unkonventionellen Gesten. Sie singen unzensiert das F-Wort. Fordern das Publikum zu halsbrecherischen Stage-Diving-Akten auf. Ob das die richtige Band für ein Altstadtfest ist? Ein proppenvoller Tbilisser Platz spricht Bände. Überwiegend sind es junge Leute, die ein Rockfestival feiern. Auch wenn ihr Rempeltanz, das Pogen, manchmal schon nach einer handfesten Schlägerei aussieht.

Eigentlich spielen die Knorkatoren nicht auf solchen Stadtfesten, wie Managerin Janet Gogow informiert. "Aber wir haben irgendwann einmal was mit ,The Boss-Hoss' gemacht, und die haben von der tollen Atmosphäre beim Saarbrücker Altstadtfest erzählt." Wenige Wochen später sei dann Küntzers Anfrage bei ihr eingegangen, und sie habe zugesagt. Ihren Auftritt begannen die Knorkatoren übrigens wesentlich früher als geplant. Aufziehende Wolken waren der Grund. Vom Unwetter blieb das Altstadtfest am Samstag aber verschont.

Auch das "La-Paloma-Festival" am Kaltenbachplatz war eines der neuen Projekte. Zwanzig Minuten hatten die Künstler Zeit, um sich zu präsentieren und zum Schluss das Lied zu interpretieren, das als das meistgespielte auf der ganzen Welt gilt: "La Paloma ohe". Zwischen Kaltenbachplatz und Basilika war auf wenigen hundert Metern eine kulinarische Weltreise möglich. Die Straße am Stadtgraben hatte sich in eine Flaniermeile mit vielen Marktständen verwandelt. Alt-Saarbrücken. Damen in edlen, cremefarbigen Reifröcken sitzen mit großen Sonnenschirmen auf ihren Picknickdecken, während Männer im Anzug Fußball spielen. Sie haben ihre Sakkos ausgezogen und rennen voller Elan dem alten, roten Lederball hinterher. Einige Damen mit Fächern und Herren mit Chapeaus Claques tanzen auf der Wiese zur Musik aus einem Grammofon - umgeben von gelben Lilien und schattenspendenden Bäumen. Und das alles nicht auf einem impressionistischen Gemälde von Edouard Manet oder Claude Monet, sondern am Samstag nahe dem Deutschmühlenweiher im Deutsch-Französischen Garten. Dort hatten sich Studenten der Historisch orientierten Kulturwissenschaften (HOK) zurückversetzt in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dazu gehörten ihrer Meinung nach ein Fußballturnier, Federball sowie eine kleine Gartenolympiade mit beispielsweise Sackhüpfen, Dosenwerfen, Teetassenrennen und Teebeutelweitwurf. Für das leibliche Wohl sorgten sie unter anderem mit selbst gebackenem Kuchen und selbst gemachter Limonade.

Der Besuch der Veranstaltung war kostenlos. Allerdings gab es einen abgesperrten Bereich, in dem sich nur Kostümierte aufhalten durften. Die Studenten machen an der Uni einen Kurs über Eventmanagement bei Julian Blomann, dem Gründer der "agentur erlebnisraum". Und zu diesem Kurs gehört es auch, dass die Teilnehmer eine solche Veranstaltung, ein solches Event wie dieses Picknick im Grünen organisieren.

Die Idee zu dem Picknick hatte die Studentin Hannah Neumann, nachdem sie eine Jane-Austen-Verfilmung gesehen hatte. Die Planung begann im Oktober. Dozent Blomann, früher selbst HOK-Student, gründete bereits während seiner Studienzeit mit einem Freund seine Eventagentur. Blomann sagt, die Planung einer Veranstaltung mit Studenten erfordere viel Zeit, da viele Leute auch viele Ideen einbringen. Wichtig ist ihm, dass keine Geschichtsklitterung betrieben werde, sondern stets versucht wird, die jeweilige Zeit so genau wie möglich darzustellen. Eine historische Darstellung sei für ihn ein "Leidenschaftsprojekt".

 Beim nostalgischen Picknick im Deutsch-Französischen Garten: (v.l.) Lukas Woll, Nikola Koch, Daniel Muth, Christian König, Nadine Bednarek und Sonja Bednarek. Foto: Becker&Bredel

Beim nostalgischen Picknick im Deutsch-Französischen Garten: (v.l.) Lukas Woll, Nikola Koch, Daniel Muth, Christian König, Nadine Bednarek und Sonja Bednarek. Foto: Becker&Bredel

 Beim nostalgischen Picknick im Deutsch-Französischen Garten: (v.l.) Lukas Woll, Nikola Koch, Daniel Muth, Christian König, Nadine Bednarek und Sonja Bednarek. Foto: Becker&Bredel

Beim nostalgischen Picknick im Deutsch-Französischen Garten: (v.l.) Lukas Woll, Nikola Koch, Daniel Muth, Christian König, Nadine Bednarek und Sonja Bednarek. Foto: Becker&Bredel

Ein eventueller Gewinn des nostalgisches Picknicks gehe an das Saarländische Kinderhospiz. Eine Wiederholung des Picknicks sei denkbar.

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