Diskussion Es gibt immer noch viele Vorurteile

St. Wendel · Im Neuen Theater in St. Wendel wurde der Film „Be my Baby“ gezeigt. Darin geht es um  eine behinderte junge Frau, die schwanger wird.

 Ein fröhliches Trio: Schauspielerin Carina Kühne mit den Lebenshilfe-Geschäftsführern Hermann Scharf (links) und Peter Schön (rechts).

Ein fröhliches Trio: Schauspielerin Carina Kühne mit den Lebenshilfe-Geschäftsführern Hermann Scharf (links) und Peter Schön (rechts).

Foto: Frank Faber

Eine junge Frau mit Down-Syndrom erwartet ein Kind vom Jugendfreund. „Damit hat das Gros der nicht behinderten Menschen ein Problem“, sagt Lebenshilfe-Geschäftsführer Peter Schön. Sexualität unter Menschen mit Handicap sei in der Gesellschaft ein Tabuthema, obwohl diese Menschen das gleiche Recht auf Sexualität wie andere haben.

Um das Thema mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, haben die Frauenbeauftragte im Landkreis und die St. Wendeler Lebenshilfe den Film „Be my Baby“ und die mit Down-Syndrom geborene Hauptdarstellerin und Inklusions-Aktivistin Carina Kühne im Neuen Theater vorgestellt. Übrigens: Zunächst war das Drehbuch des 2014 produzierten Streifens mit „Mongo Baby“ überschrieben, den die Schauspielerin vehement ablehnte.

Zum Film: Nicole ist 18 Jahre alt und hat das Down-Syndrom. Dennoch ist das für sie nicht das Ende der Welt. Sie möchte heiraten, Kinder bekommen und einer Arbeit nachgehen. Sie und der Nachbarsjunge Nick haben vor langer Zeit entschieden, zu heiraten, wenn sie erwachsen sind. Nick ist aber erst 15 und hat ganz andere Dinge im Kopf. Als Nicole von ihm schwanger wird, versucht ihre Familie, sie von der Abtreibung zu überzeugen. Für sie steht aber ihr Recht auf Selbstbestimmung im Vordergrund. „Wir sind ganz normale Menschen mit unseren Bedürfnissen. Ich würde niemals ein Kind abtreiben lassen“, sagt Darstellerin Carina Kühne nach dem Film.

Ein Kind zur Adoption freizugeben, komme für die 33-Jährige höchstens noch als Alternative infrage. Des Weiteren spricht sie sich klar gegen eine Fruchtwasseruntersuchung in der 16. Schwangerschaftswoche aus: „Davon halte ich nichts.“

Laut einer Statistik, die Lebenshilfe-Geschäftsführer Hermann Scharf anmerkt, würden 96 Prozent der von Menschen mit Handicap gezeugten Kinder abgetrieben. Neun von zehn Frauen mit Down-Syndrom lassen ihr Baby abtreiben. „Ich finde das schrecklich. Es ist doch etwas Schönes, gegenseitig Lebensfreude geben zu können“, meint die Künstlerin aus Seeheim-Jugenheim. Momentan könne sie sich selbst keine Schwangerschaft vorstellen. „Das ist schon eine große Verantwortung und ich habe mittlerweile sehr viel zu tun“, berichtet sie von einem anstehenden Theaterengagement in Berlin. Neben ihrer Schauspielerlaufbahn macht sich Carina Kühne als Aktivistin für die Inklusion stark. Sie referiert bei Fachkonferenzen, Workshops und Seminaren, hält Vorträge an Hochschulen und nimmt an Talkshows teil.

„Als Mensch mit Down-Syndrom weiß ich und erfahre ich täglich, dass dies aber nicht selbstverständlich ist. Es gibt immer noch sehr viele Vorurteile, Tabus und Ausgrenzungen“, betont Carina Kühne. Alle Menschen seien unterschiedlich, und die Gesellschaft werde immer bunter. „Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung, sexuelle Orientierung, Altersgruppe, Einstellungen und religiöse Überzeugungen sind bei jedem Menschen anders“, erklärt sie. Inklusion bedeute, dass die Vielfalt der Menschen von Anfang an als selbstverständlich angesehen werde: In der Nachbarschaft, in der Kita, in der Schule und bei der Berufswahl.

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