Licht in Bewegung bringen

St Wendel · Das Mia-Münster-Haus in St. Wendel zeigt derzeit Fotoarbeiten von Susanne Schmidt. Die Künstlerin spielt mit verschiedenen Perspektiven, vor allem aber mit Licht, das sowohl künstlerisches Mittel als auch Thema der Bilder ist.

 Der Betrachter muss sich die fotografischen Arbeiten von Susanne Schmidt im St.Wendeler Städtischen Museum regelrecht „erwandern“, um sie in allen Details zu erfassen. Foto: H. Bernhardt

Der Betrachter muss sich die fotografischen Arbeiten von Susanne Schmidt im St.Wendeler Städtischen Museum regelrecht „erwandern“, um sie in allen Details zu erfassen. Foto: H. Bernhardt

Foto: H. Bernhardt

Die Perspektiven sind eine Sensation und in Wirklichkeit in dieser Form auch für niemanden sichtbar. Kein Mensch hat einen Rundum-Blickwinkel von 360 Grad und manchmal auch darüber. Und dazu kommt: "Wann sehen wir schon freischwebendes Licht?" Cornelieke Lagerwaard, Leiterin des Museums St. Wendel im Mia-Münster-Haus, stellte diese Frage in ihrer Eröffnungsrede zur Ausstellung "Licht(t)räume" mit fotografischen Arbeiten der in Zürich lebenden Film- und Fotokünstlerin Susanne Schmidt. Die Arbeiten gehören zu Schmidts Werkgruppe "Licht in Bewegung", an der sie in Abständen seit Jahren arbeitet.

"Licht(t)räume, das ist ein Hinweis auf Räume und Licht. Das sind aber auch Träume mit Licht, mit Wandlungen, Verfremdungen und Abstrahierungen", stellte die Museumsleiterin fest. Ermöglicht wird dies durch das ungewöhnliche Format der Werke, das sich aus der verwendeten 360-Grad-Aufnahmetechnik der Kamera ergibt. Diese wurde genau inmitten des jeweils abgebildeten Raumes installiert und rotiert langsam um ihre eigene Achse. Um dabei die wirklichen "Licht(t)räume" zu schaffen, bewegt Susanne Schmidt während der Aufnahme von ihr selbst gebaute Lichtkörper durch die Räume, so dass diese auch Bestandteil der Bilder werden. Die Serie der 360-Grad-Lichtinszenierungen realisierte Susanne Schmidt in einem fünfgeschossigen Spinnereigebäude in Aathal (Schweiz). Bis 2004 wurden dort Baumwollfäden gesponnen. Jede Etage wird von freistehenden Säulen getragen. Der relativ nahe Abstand der Säulen zueinander und deren symmetrische Anordnung bildeten das perfekte Umfeld für die Künstlerin, ihre Inszenierungen zu verwirklichen. Dabei herausgekommen ist weit mehr als die gängige Industriefotografie von ehemals genutzten und nun gespenstisch leerstehenden Fabrikhallen. Schmidt setzt durch ihre Technik deutlich neue Marken in diesem Genre der Fotografie. Dabei arbeitet sie mit althergebrachten Filmstreifen und keineswegs digital, was die Bearbeitung zwar erleichtern, den optischen Gesamteindruck aber sicherlich schwächen würde.

"Wir sehen ein Bild, nicht die Realität." Diesen Hinweis gab Lagerwaard den Gästen der Vernissage vor dem ersten Betrachtungsrundgang mit auf den Weg. Und die angesprochenen Bilder vermitteln zuweilen eine surreale Atmosphäre, in der zeitliche und räumliche Ebenen nacheinander zu betrachten sind.

Für die Ausstellung in St. Wendel hat Susanne Schmidt aus einer großen Serie eine Auswahl getroffen. Die auf transparente Folie vergrößerten Bilder werden rückseitig angestrahlt und lassen durch diese Art der Beleuchtung alles in einem besonderen Licht erscheinen.

Damit die Werkschau im Mia-Münster-Haus realisiert werden konnte, waren sorgfältige und langwierige Arbeitseinsätze der städtischen Elektriker notwendig. Ein erstes Ausstellungskonzept, vor drei Jahren entworfen, hatte sich zwischenzeitlich sogar als nicht umsetzbar erwiesen.

Zur eingehenden Betrachtung sollte man Zeit mitbringen. Aber dafür kann man zum Ende des Rundgangs vielleicht auch eine Feststellung von Rolf Sachsse, dem Prorektor für Lehre und Wissenschaft an der Hochschule für Bildende Künste in Saarbrücken, nachvollziehen. Er meinte nach der Betrachtung zweier großformatiger Bilder, die Ansichten aus der alten Baumwollspinnerei St. Ingbert zeigen: "Sie spinnt Licht."

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Auf einen BlickDie Ausstellung "Licht(t)räume" von Susanne Schmidt ist noch bis zum 10. Januar 2016 im Städtischen Museum im Mia-Münster-Haus St. Wendel zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 16.30 Uhr; Donnerstag, 10 bis 18 Uhr; Samstag, 14 bis 16.30 Uhr; Sonntag/Feiertag, 14 bis 18 Uhr; Montag immer geschlossen. Während des St. Wendeler Weihnachtsmarktes (vom 5. bis 13. Dezember) ist das Museum von 10 bis 18 Uhr geöffnet, auch am Montag. Am 24., 25., 26. und 31. Dezember sowie am 1. Januar ist das Museum geschlossen. Zur Ausstellung ist ein Katalog zum Preis von zehn Euro (ermäßigt acht Euro) erschienen. be

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