Bundeswehr-Werk gerettet?

St Wendel · Ein Schreiben aus dem Bundesverteidigungsministerium gibt Anlass zur Hoffnung. So jedenfalls interpretieren es Politiker aus dem St. Wendeler Land. Mit einem Partner aus der freien Wirtschaft soll der Standort der Heeresinstandsetzungslogistik längerfristig erhalten bleiben.

 Der weitläufige Komplex der Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) in St. Wendel aus der Luft aus gesehen. Archivfoto: B & K

Der weitläufige Komplex der Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) in St. Wendel aus der Luft aus gesehen. Archivfoto: B & K

"Die Zukunft der HIL in St. Wendel ist gesichert." Fast schon euphorisch informierte Bürgermeister Peter Klär (CDU ) seinen Stadtrat darüber, dass das bisherige Bundeswehr-Werk erhalten bleiben soll. Das zumindest habe er einem Schreiben des Staatssekretärs Ralf Brauksiepe aus dem Bundesverteidigungsministerium entnommen. "Die Resolutionen des Stadtrates und des Kreistages haben das Ministerium offenbar beeindruckt", berichtete er. Denn Politiker aus der gesamten Region hatten sich für den Erhalt stark gemacht, als bekannt geworden war, dass sich der Staat aus der Heeresinstandsetzung als direkter Arbeitgeber zurückziehen will. Klär: "Es sei dem Ministerium selten eine so große Akzeptanz im Umfeld eines solchen Werkes bekannt geworden." Das sei im Ministerium am Hauptsitz Bonn anerkannt worden.

So sieht der Bürgermeister mit der nun angekündigten Suche nach einem privaten Investor reelle Fortbestandschancen für die bisherige bundeseigene Gesellschaft mit ihren drei Standorten in Darmstadt/Südhessen, Doberlug-Kirchhain/Südbrandenburg sowie eben in St. Wendel mit zurzeit zusammen annähernd 2000 Beschäftigten. Klär verspricht sich sogar: "Ich sehe den Standort dadurch aufgewertet."

Ähnlich optimistisch äußerte sich die Tholeyer Bundestagsabgeordnete Nadine Schön (CDU ). Direkt nach einer gemeinsamen Betriebs- und Personalversammlung im St. Wendeler Saalbau mit der Belegschaft von hier und aus Darmstadt sei nach ihrer Auskunft klar geworden: "Das Damoklesschwert, dass die HIL 2017 dicht macht, ist vom Tisch." Die Erleichterung sei nach dieser Zusammenkunft in der Belegschaft "sehr groß" gewesen. Ein Ministeriumsvertreter habe währenddessen zugesagt, dass die Suche nach einem Investor aus der Industrie beginne.

Und genau bei diesem Aspekt schüttet der St. Wendeler HIL-Betriebsratsvorsitzende Matthias Moseler Wasser in den Wein. Ob die Zukunft seines Werkes tatsächlich in trockenen Tüchern ist, sei "schwierig zu beantworten". Politische Aussagen, die 620 Arbeitsplätze am hiesigen Standort zu erhalten, und die Belegschaft zu verjüngen, gebe es. Anders als noch zu Jahresanfang, als Staatssekretärin Katrin Suder (parteilos), gesagt hatte, die drei HIL-Werke langfristig auslaufen lassen zu wollen. Ein erster Hinweis auf die Kehrtwende laut Moseler: Sieben Auszubildende seien in St. Wendel zuletzt nach ihrer Lehrzeit übernommen worden, drei weitere würden noch ausgebildet. Zudem habe die Unternehmensleitung Zeitverträge entfristet.

Was aber der Willensbekundung aus dem Verteidigungsministerium zuwiderlaufen könne, seien rechtliche Probleme, erläutert Moseler. "So hat der Bund Sondernutzungsrechte, die ein privates Unternehmen nicht ohne weiteres bekommt." Dies mache langwierige Genehmigungsverfahren nötig. Außerdem stellt sich ihm die Frage nach der Auftragsvergabe: "Wenn der Staat Aufträge exklusiv an einen Investor aus der Privatwirtschaft vergibt, ist sofort das Bundeskartellamt zur Stelle." Dieses sehe möglicherweise den Wettbewerb verzerrt, gefährdet.

Um diese Unsicherheiten zu klären, seien Rechtsanwälte involviert. Die Kosten hierfür sollen sich nach Moselers Angaben allein auf 3,4 Millionen Euro belaufen. Trotzdem gehe das Verteidigungsministerium davon aus, dass "nach der Sommerpause das Konzept steht", ergänzt Moseler. Und bevor der Bundestagswahlkampf kommendes Jahr so richtig Fahrt aufnimmt und die Möglichkeiten für einen Konsens in der Großen Koalition von CDU und SPD negativ beeinflusst, soll Ende Dezember der Übergang vom Staats- zu einem privatwirtschaftlichen Unternehmen HIL abgeschlossen sein.

Kritisch bewertet der SPD-Kreisvorsitzende Magnus Jung die aktuelle Situation: "Eine Privatisierung ist grundsätzlich falsch und kein Grund zur Freude". Die Resolution des Kreistages sei im Verteidigungsministerium auf taube Ohren gestoßen. "Auch wenn der Betriebsrat jetzt gut verhandelt, bleiben viele Risiken. Noch gibt es nur Versprechungen des Bundes, ein privater Partner ist noch nicht da", so Jung. Einen potenziellen Bewerber haben derweil Bürgermeister Klär, Bundesparlamentarierin Schön sowie Arbeitnehmervertreter Moseler bereits im Blick: den Rüstungsunternehmer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus München mit seinem Standbein in Freisen.

Ob mit diesem oder einem anderen Investor: Auch auf Landesebene hatte es beim Ministerium auf der Bonner Hardthöhe Interventionen gegeben. Darauf erklärte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in einem der SZ vorliegenden Brief an Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU ): "Unter Abwägung aller Faktoren erscheint der Weiterbetrieb der HIL-Werke durch einen privaten Betreiber als am besten geeignet."

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