Orgel mit symphonischer Kraft

St. Wendel. Ein epochenübergreifendes Vergnügen an Variationen, vorbildliche Bach-Interpretationen und tiefe Einblicke in impressionistische Programmmusik bot das wohlgelungene Orgelkonzert, mit dem Kantor Stefan Kunz, das eine große Hörergemeinde in der Basilika erfreute

St. Wendel. Ein epochenübergreifendes Vergnügen an Variationen, vorbildliche Bach-Interpretationen und tiefe Einblicke in impressionistische Programmmusik bot das wohlgelungene Orgelkonzert, mit dem Kantor Stefan Kunz, das eine große Hörergemeinde in der Basilika erfreute. Es war eine reizvolle Aufgabe für Kenner, in den Variationen des französischen Barockmeisters Nicolas de Grigny den gregorianischen Hymnus "Ave maris stella" herauszuhören, da die Melodie in der Mittelstimme lag oder in charakteristischer Weise reich figuriert war. Ebenso interessant war aber die wechselnde Besetzung und sachkundige Registrierung der vier Teile. Bei gleichbleibender Verzierungskunst völlig anders strukturiert erwies sich das breit angelegte Choralvorspiel "Allein Gott in der Höh' sei Ehr" von Johann Sebastian Bach, das Kunz dem berühmten Werk "Toccata, Adagio und Fuge C-Dur" vorausgeschickt hatte, um nach den wirbelnden Zweiunddreißigsteln und dem souveränen Pedalsolo der Toccata über den verinnerlichten Gesang des Adagio zur Fuge zu gelangen, die er mit problemloser Geläufigkeit bewältigte. Im Mittelpunkt der Darbietungen stand auch ein Werk, das mit Bach aufs Äußerste kontrastierte: "Trois Impressions" op. 72 von Sigfrid Karg-Elert, spätromantisch-impressionistische Stücke, die abendliche Harmonie, Mondschein und Nacht thematisierten. Kunz nutzte dabei die Möglichkeiten, mit Hilfe der Orgel ein Symphonieorchester zu suggerieren: großen Farbenreichtum durch Registerwechsel und subtile dynamische Effekte durch Verwendung des Schwellers. "Claire de Lune", der Mondschein, stellte sich so auf verschiedenen Ebenen dar, während "La nuit", die Nacht, eine einzige weitschwingende romantische Melodie zu singen schien. Im Jahre 1975 verstarb der bekannte Kirchenmusikkomponist Alois Maria Müller aus St. Ingbert. Seine Variationen über das Fronleichnamslied "Deinem Heiland, deinem Lehrer" zeigen, wie sehr er sich einer Orgelmusik für die Praxis verpflichtet wusste, die hohen Ansprüchen gerecht wurde und doch "zu Herzen" ging. Das zeigte sich im Tutti-Charakter der Introduktion, verspielten Variationen (zum Beispiel mit einer niedlichen hohen Flöte im Andante), einem Pastorale und einem Adagio, deren originelle Harmonik überraschte, und dem Finale, das ein kunstvolles Fugato einbezog. Durchaus passend hatte Stefan Kunz nicht ohne feinen Humor die Zugabe gewählt: Er entließ sein Publikum mit der glanzvollen Bearbeitung des gregorianischen Priester-Rufes "Ite, missa est" "Gehet hin in Frieden") von Jean Langlais.

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