Wenn Fenster Geschichten erzählen

Namborn · Landesweit gilt György Lehoczky als bedeutender Kirchenfenstermaler. Seine außergewöhnlichen Werke von hoher künstlerischer Qualität schmücken 50 Kirchen im Saarland, darunter die Gotteshäuser in Namborn, Baltersweiler und Niederlinxweiler. Dort wurde nun Lehoczkys Lebensweg und Kirchenfenstermalerei von Claudia Maas vom Saarlouiser Institut für aktuelle Kunst näher erläutert.

 Die Marienfarbe Blau prägt die Kirchenfenster im Chor des Namborner Gotteshauses. Fotos: Frank faber

Die Marienfarbe Blau prägt die Kirchenfenster im Chor des Namborner Gotteshauses. Fotos: Frank faber

Im Saarland gibt es nur einen Künstler, der an der Fenstermalerei in 50 Kirchen beteiligt ist. Dabei handelt es sich um den deutsch-ungarischen Architekten und Kirchenfenstermaler György Lehoczky (1901 bis 1979). "Er war evangelisch, hat aber auch Fenster in katholischen Kirchen gestaltet. Lehoczky war permanent mit Inhalten gefordert, soll dabei aber immer arm geblieben sein", berichtete Claudia Maas, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Saarlouiser Institut für aktuelle Kunst.

Noch heute ist Lehoczkys Kreativität im Landkreis in den Kirchen sichtbar. Gläserne Zeugen seiner Schaffenskraft sind die Fenster in der Kirche Maria Himmelfahrt in Namborn , St. Willibrord in Baltersweiler und in der evangelischen Kirche in Niederlinxweiler.

Im Jahre 1953 gestaltete Lehoczky sechs Kirchenfenster in Namborn , zwischen 1956 und 1957 malte er die drei großen Fenster für den Chorraum. "Die blaue Farbgebung beeindruckt am meisten", meinte Maas. In der marianischen Farbe Blau stellt der Künstler Mutter Maria unter der Dreifaltigkeit dar. "Lehoczky erzählt in den Fenstern mit Figuren und Symbolen Geschichten, sodass sie jeder verstehen kann", stellte die Referentin als Merkmal heraus. Die Verkündung, die Anbetung, die Flucht nach Ägypten oder die heiligen drei Könige waren Thema für die Arbeiten der Seitenfenster im Namborner Gotteshaus. "Lehoczky muss eine tiefe Beziehung zu seinen Arbeiten gehabt haben", meinte Maas weiter. Besonders Engel und Gewänder in vielen Facetten würden in seinen Bildern eine tragende Rolle einnehmen. "Oft sehr mittelalterlich, weil er uns keinen Zeitgeist vermitteln will. Endgültig aufgearbeitet ist das noch nicht", so Maas.

In der Baltersweiler Pfarrkirche St. Willibrord weisen die vom Kirchenarchitekten entworfenen Fenster eine Höhe von elf Metern auf. Das Messgeschehen hat er zum Hauptthema gemacht. Die Mittelpartie umfasst die Heiligen der Heimat: St. Anna, als Vertreterin der Frauen und der Mutterpfarreien Alsfassen und Furschweiler, St. Wendelin mit dem Lamm, St. Matthias, St. Willibrord, den Schutzpatron der Pfarrei und die Jugendheilige Maria Goretti. Über ihnen allen ragt die heilige Mutter Kirche als Mittlerin zwischen dem Lamm und den Gläubigen. Zur Ausstattung der evangelischen Kirche Niederlinxweiler gehören zwei Fenster, die Lehoczky 1953 kreiert hat. Sie tragen die Titel "Der arme Mensch" und "Der reiche Mensch". "Hier stellt er Arm und Reich schon demonstrativ gegenüber", so Maas. Dass sich die Darstellungen in seinen Geschichten verändern, sei eindeutig.

Veranstalter der Lehoczky-Kirchenfenstertour im Landkreis St. Wendel waren die evangelische Akademie im Saarland und das Saarlouiser Institut für aktuelle Kunst.

 Die heiligen drei Könige, eines der sechs von György Lehoczky entworfenen Seitenfenster in der Namborner Kirche.

Die heiligen drei Könige, eines der sechs von György Lehoczky entworfenen Seitenfenster in der Namborner Kirche.

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Zur PersonGyörgy Kàroly László Lehoczky, Architekt und Maler, wurde 1901 in Ungarn geboren. Hier studierte er nach dem Abitur Architektur und war ab 1931 als Architekt selbstständig tätig. 1945 flüchtete er zunächst nach Österreich, 1947 kam er schließlich nach Saarbrücken. Als staatenloser Ausländer hatte Lehoczky keine Arbeitserlaubnis; 1948 konstituierte sich die Architektenkammer des Saarlandes, die Lehoczkys Aufnahmeantrag ablehnte. Erst 1955 wurde er im Saarland eingebürgert, 1967 erhielt er die deutsche Staatsangehörigkeit. Zu seinen bedeutendsten Kirchenbauten im Saarland zählen zwei Klöster: In Bous das Redemptoristenkloster Heiligenborn (1949 bis 1952) und in Püttlingen das Kloster Heilig Kreuz, einziges Redemptoristinnen-Kloster in Deutschland (1956 bis 1960). Vor allem aber gestaltete er Fenster, die in vielen saarländischen Kirchen zu finden sind. Beispielsweise die Fenster in der Stiftskirche St. Arnual. Darüber hinaus lehrte er an der Technischen Höheren Lehranstalt in Saarbrücken (1956 bis 1965), zeichnete für Kalender, verfasste und illustrierte Kinderbücher , malte Ölbilder und Aquarelle in einem sehr persönlichen Stil. Der Künstler starb 1979 in Saarbrücken. frf

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