Ein Bett für Karl Marx

Saarbrücken. Wie kommt ein Berliner dazu, über das Saarland zu schreiben? Hans Bünte wollte die Wahlheimat mit Stift, Papier und Schreibmaschine erkunden. 1958 war der Musiker an die Saar gekommen. Der legendäre Karl Ristenpart hatte den Geiger in sein Saarländisches Kammerorchester, aus dem später das Rundfunksinfonieorchester Saarbrücken werden sollte, geholt

Saarbrücken. Wie kommt ein Berliner dazu, über das Saarland zu schreiben? Hans Bünte wollte die Wahlheimat mit Stift, Papier und Schreibmaschine erkunden. 1958 war der Musiker an die Saar gekommen. Der legendäre Karl Ristenpart hatte den Geiger in sein Saarländisches Kammerorchester, aus dem später das Rundfunksinfonieorchester Saarbrücken werden sollte, geholt. Neben dem musikalischen Talent wurde man auch rasch auf Büntes Formulierungskünste aufmerksam. "Begonnen habe ich mit Texten zu den Schallplatten unseres Orchesters, aber irgendwann fragte man mich, ob ich nicht Interesse hätte, ein flottes Büchlein über das Saarland zu machen", erzählt Hans Bünte. Man ahnt es, bei dem einen Bändchen blieb es nicht. Neben der Tätigkeit als Journalist und Autor unternahm Bünte auch Ausflüge zum Fernsehen, schrieb Theaterstücke und Hörspiele. Irgendwann avancierte der Musiker mit dem allzeit gespitzten Stift zum beliebten Chronisten saarländischer Themen aller Art. " Für mich war es bei diesen Arbeiten immer wichtig, den Blickwinkel des schon lange hier Ansässigen mit dem eines Betrachters von außen zu kombinieren", meint Bünte. So könne man sich Themen mit einer gesunden Wertschätzung fernab lokalpatriotischer Glorifizierungen widmen. Zu den Glanzlichtern unter Büntes Veröffentlichungen zählen sicher die Dokumentationen "Saarbrücker Zeitung 225 Jahre" (1987) sowie "50 Jahre Saarländischer Rundfunk", aber Bünte hat sich auch zum Beispiel einer Chronik des Dachdeckerhandwerkes an der Saar seit dem Mittelalter angenommen. Packt ihn ein Thema, ruht er nicht, bis er alle Informationen zu einem schlüssigen Bild zusammengefügt hat. So auch bei seinem neuesten Coup, der "Kleinen Saarbrücker Geschichte". Dabei hat Hans Bünte einiges ans Tageslicht befördert, was im historischen Dunkel verschwunden war. Eine schier unerschöpfliche Informationsquelle bot neben eigener Sammlung und Landesarchiv auch das SZ-Archiv. Anhand alter Berichte konnte belegt werden, dass eine Menge Prominenz einst in Saarbrücken Nachtlager nahm, darunter Karl Marx oder die Drahtzieher des Hambacher Festes. Bünte rückt aber auch gerne Missverständnisse ins rechte Licht. Entgegen der bisherigen Annahme hat Barbarossa einst die Saarbrücker Festung nicht zerstören, sondern nur brechen lassen. "Es wurden symbolisch Steine aus dem Gemäuer entnommen, was eine Entehrung bedeutete", weiß Bünte. Neben den Großen der Stadtgeschichte wie Baron Stumm, der versuchte Kaiser und Bismarck auszusöhnen, lenkt er den Blick auch auf Alltagsszenerien, als noch die Schweine über den St. Johanner Mark galoppierten und der Hirte in sein Horn blies. "Ich hätte Stoff für über 1000 Seiten gehabt", meint Hans Bünte. Aber vielleicht darf man auf einen zweiten Band hoffen. Denn Ruhestand ist für den 1999 pensionierten Musiker ein Fremdwort. Hans Bünte: "Kleine Saarbrücker Stadtgeschichte". Pustet Verlag, 12,90 Euro. Die Buchpräsentation findet am Donnerstag, 4. Dezember, 11 Uhr, in der Buchhandlung Bock & Seip, Haus der Bücher, Futterstraße, statt.

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