Debatte im Landtag „Kleines Karo“ oder große Leitinvestition?

Saarbrücken · Die Linke vermisst in der Wirtschaftspolitik der Landesregierung echte Leitprojekte, die Ministerin sieht hingegen gleich mehrere.

 Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) warf den Linken in der Debatte um den Wirtschafts-Etat eine „Verweigerung der Realität“ vor.  

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) warf den Linken in der Debatte um den Wirtschafts-Etat eine „Verweigerung der Realität“ vor.  

Foto: BeckerBredel

„Mutlosigkeit“, „kleines Karo“, „ein Mangel an Ideen“ – die Linksfraktion ließ kein gutes Haar an den Plänen der Landesregierung für die Jahre 2019/2020 im Bereich Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr. Er vermisse ein echtes Leitprojekt, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Jochen Flackus, am Mittwoch im Landtag in der Debatte um den Wirtschafts-Etat. Den Vorschlag der Linken für ein Leitprojekt – 500 000 Euro für ein Programm zur Digitalisierung der Logistikbranche – lehnten die Regierungsfraktionen ab.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) sah hingegen gleich mehrere Leitinvestitionen, die das Land in den nächsten Jahren voranbringen sollen – etwa die Unterstützung der Gründung des Helmholtzzentrums für IT-Sicherheit Cispa. Entscheidend sei nun, mehr daraus zu machen, denn „alleine vom wissenschaftlichen Renommee können die Saarländer nicht leben“, sagte Rehlinger. Die Landesregierung müsse dafür sorgen, dass im Umfeld weitere Unternehmen gegründet werden, die für Wertschöpfung sorgen und neue Arbeitsplätze schaffen. Deshalb habe das Land 20 Millionen Euro für die Gründung eines „Spin-off-Centers“ eingeplant.

Auch das geplante Messe- und Kongresszentrum in Saarbrücken für insgesamt 100 Millionen Euro – zur Hälfte vom Bund finanziert – sieht Rehlinger als Leitinvestition. Sarah Gillen (CDU) betonte die Bedeutung des Messezentrums für die Region. Bislang fehle im Saarland ein Ort für Großveranstaltungen. Sie sei zuversichtlich, dass das Land gemeinsam mit der Stadt Saarbrücken „ein großartiges Zentrum“ bauen werde.

Die jährlich 20 Millionen Euro Investitionsmittel, die das Land den Kommunen ab 2019 zur Verfügung stellt, sind in Rehlingers Augen zudem Anschub für „kleinere Leitinvestitionen“ in den Städten und Gemeinden.

Eine heftige Debatte entzündete sich am öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Jochen Flackus (Linke) sprach von einem „politischen Scherbenhaufen“. Alleine im August habe es 1800 Busausfälle gegeben, nur jeder zweite Saarländer nutze den ÖPNV, die Preisstruktur sei teuer und unübersichtlich. Statt zu handeln, gebe die Landesregierung immer neue Studien in Auftrag, „die nerven und nicht weiterführen“. Flackus plädierte dafür, die Zahl der Verkehrsunternehmen von 17 auf eines zu reduzieren, das Wabensystem abzuschaffen und eine bessere Taktung einzuführen. Wie dies finanziert werden könnte, sagte er nicht, weshalb Eugen Roth (SPD) ihm vorwarf, nach dem Motto „Im Himmel ist Jahrmarkt“ willkürlich Forderungen zu stellen.

Rehlinger sagte, man könne sich ja viel wünschen, sie selbst würde dies auch gern tun, „leider ist am Ende des Geldes die Liste meiner Wünsche nicht abgearbeitet“. Der Großteil der 108 Millionen Euro Regionalisierungsmittel des Bundes sei gebunden. Laufende Verträge etwa mit der Bahn könnten nicht einfach gekündigt werden. Deshalb mache es keinen Sinn, Forderungen aufzustellen, für die kein Geld vorhanden sei. Man müsse sich genau überlegen, wie man mit wenig Geld den ÖPNV attraktiver gestalten könne.

Die AfD-Fraktion stellte Rehlinger für ihre Arbeit ein schlechtes Zeugnis aus. Seit ihrem Amtsantritt sei das Saarland beim Wirtschaftswachstum im Ländervergleich vom sechsten auf den vorletzten Platz abgerutscht, sagte Lutz Hecker. Er warf Rehlinger zudem vor, sich nicht ausreichend für die heimische Stahlindustrie eingesetzt zu haben. Es sei „schizophren“, eine „ideologisch motivierte Energiewende und Klimaschutzpolitik“ zu betreiben und sich dann zu wundern, „wenn die Stahlindustrie als Ergebnis dieser Politik vor die Hunde geht“. Die AfD vertritt die Auffassung, dass der Klimawandel nur zu einem kleinen Teil menschengemacht ist – eine Position, die „an Ahnungslosigkeit nicht zu überbieten“ ist, wie Reiner Zimmer (SPD) meinte.

Bernd Wegner (CDU) wies die Vorwürfe zurück. Landes- und Bundesregierung würden alles tun, was ihnen möglich sei. „Das wird den Stahlarbeitern im Land auch eine Zukunft bringen.“ Ähnlich zuversichtlich zeigte er sich im Hinblick auf die Mitarbeiter von Ford in Saarlouis. Das Unternehmen hatte vor kurzem bekannt gegeben, 1600 Stellen abbauen zu wollen. Wegner erklärte, man sei von dieser Entscheidung „nicht ganz so überrascht“ gewesen, da die Autobranche vor Veränderungen stehe. Doch angesichts der niedrigen Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent im Saarland sei er zuversichtlich, dass für die Beschäftigten eine Alternative gefunden werden könne.

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