Das neue Untertage-Gefühl

Reden. Spürbar war: Es existiert ein nicht unerheblicher Argumentationsdruck. Bekanntlich hat kürzlich in Rufnähe zur Grenze, auf dem Areal der früheren Grube Wendel in Petite-Rosselle, ein beachtliches Bergbau-Museum eröffnet - ohne Sprachbarriere

 Die Redener Ausstellungsmacher: Karl Kleineberg, Geschäftsführer der Industriekultur Saar GmbH, Kurator Jürg Steiner und Lenkungskreis-Chef Reinhard Klimmt (von links). Foto: Oliver Dietze

Die Redener Ausstellungsmacher: Karl Kleineberg, Geschäftsführer der Industriekultur Saar GmbH, Kurator Jürg Steiner und Lenkungskreis-Chef Reinhard Klimmt (von links). Foto: Oliver Dietze

Reden. Spürbar war: Es existiert ein nicht unerheblicher Argumentationsdruck. Bekanntlich hat kürzlich in Rufnähe zur Grenze, auf dem Areal der früheren Grube Wendel in Petite-Rosselle, ein beachtliches Bergbau-Museum eröffnet - ohne Sprachbarriere. Warum dann also eine saarländische Zweit-Auflage in Reden, die das Saarland 1,25 Millionen Euro kosten wird? Und was soll dort dann die Besonderheit sein? Wie ein roter Faden zog sich diese Problematik durch eine Pressekonferenz in Reden, auf der ein Zwischenbericht und das Plakat zur Landesausstellung "Das Erbe" präsentiert wurden, die am 30. November eröffnet. "Wir haben die Saar-Spezifika herausgearbeitet", erklärte der Kurator, Professor Jürg Steiner (Berlin). Etwa, dass die Gruben im Saarland, anders als in Lothringen, staatlich waren, dass die Religion eine weit dominantere Rolle spielte, es "Hartfüßler" gab und andere Hausbau- und Siedlungsformen. Ex-Ministerpräsident Reinhard Klimmt (SPD), der Beirats- und Lenkungskreis-Vorsitzende, ergänzte: "Wir haben das ältere und größere Revier, das außerdem zu einem politischen Gebilde wurde. Wir sind einen eigenen Weg gegangen. Was bei uns passiert ist, muss auch bei uns gezeigt werden." Und wie? Dazu wurden erste Details bekannt. "Unsere Präsentation wird spektakulärer sein als die im Carreau Wendel", sagte Karl Kleineberg, Geschäftsführer der Industriekultur Saar GmbH (IKS), die die Schau managt. Die "Topografie" soll denn auch den Menschen den Haupt-Anreiz für einen Besuch liefern. Dafür wird in die 1300 Quadratmeter große, entkernte Redener Waschkaue eine gläserne Kulissen-Landschaft aus Stollen eingebaut mit dem Ziel, ein Untertage-Gefühl zu erzeugen. Die Exponate - 800 wurden ausgewählt - finden sich in drei Meter hohen Vitrinen wieder, deren Wände teilweise mit echter Kohle beschichtet sind und mystisch hinterleuchtet werden. Stege erlauben einen Übertage-Panorama-Blick auf die "dunkle" Welt. 26 Geschichten will man erzählen, um ein "lustvolles Sich-Belehren-Lassen" (Steiner) zu ermöglichen. Von den Exponaten selbst sind, wie es hieß, keine Sensationen zu erwarten, selbst wenn im Landesarchiv eine Urkunde aus dem 15. Jahrhundert aufgetaucht ist mit der frühesten Erwähnung von Saar-Gruben. Gezeigt wird eher Alltägliches. "Schaffschuh' sind nun mal Schaffschuh', da fällt man nicht von einer Ohnmacht in die nächste", meinte Klimmt. Gesorgt wird jedoch für eine ungewöhnlich hochwertige Inszenierung, etwa einer vier Meter langen Untertage-Mannschaftsbank des Bergwerkes Saar (Ensdorf). Auch eine Namensliste aller je im Saarland verunglückten Bergleute wird es geben oder die Original-Speisekarte für den damaligen Besucher, Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD).Der Eintritt kostet sechs Euro, ein preisreduziertes Kombiticket mit dem Carreau Wendel ist unter Dach und Fach. Der Marketing-Etat beträgt 250 000 Euro, 50 000 Besucher will man im ersten Jahr erreichen, zunächst vordringlich Saarländer. Es ist dies eine übervorsichtige Schätzung, wie der Standort-Entwickler Kleineberg sagte. Schließlich besuchten bereits jetzt jährlich rund 300 000 Menschen Reden: SR-Sommer-Alm-Fans, Halden-Spaziergänger, Skater, Gondwana-Park-Besucher (150 000). Er plädierte dafür, "Das Erbe" auf jeden Fall bis 2018 spielen zu lassen - dem Ende des deutschen Bergbaus. "Wir können nicht Mona Lisa an Mona Lisa reihen."

Kurator Jürg Steiner

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort